Metzler Lexikon Philosophie: Verallgemeinerung
auch Universalisierung. In der Ethik wird die V. als Kriterium der Geltung von Normen oder als Bestandteil normativer Ausdrücke diskutiert. Für eine normative Ethik, die die V. als Kriterium moralischer Verpflichtungsurteile angibt, stehen Kant und M. G. Singer repräsentativ. Kant formuliert in Gestalt des Kategorischen Imperativs ein Prinzip der V., nach dem alle Maximen daraufhin zu überprüfen sind, ob sie widerspruchsfrei gedacht und widerspruchsfrei gewollt werden können. Durch das Prinzip der V. soll sichergestellt werden, dass das Wollen durch die Vernunft und nicht durch partikuläre Interessen bestimmt ist. In anderer Weise wir die V. von Singer als Bestandteil einer normativen Ethik eingeführt: V. soll die moralischen Fragen rational beantwortbar machen. Das Prinzip der V. fordert, dass zur Rechtfertigung einer Regel ein Grund genannt werden muss, der unabhängig von einer ganz bestimmten Person unter ganz bestimmten Umständen für eine Klasse von Leuten in bestimmten Situationstypen gilt. Aus dem Prinzip der V. ist nach Singer das Argument der V. abzuleiten. Dieses und das Prinzip der V. der Folgen sollen dazu verhelfen, die Legitimität universeller Normen zu beurteilen. Die V. des Prinzips fordert: Wenn die Folgen davon, dass jeder die Handlung x ausführen würde, nicht wünschenswert wären, dann sollte keiner x tun. Daraus lässt sich das Argument der V. ableiten: Wenn das jeder täte, wären die Folgen verheerend, daher sollte niemand das tun – bzw. wenn die Folgen davon, dass niemand das täte, nicht wünschenswert wären, dann sollte jeder das tun. Für die Metaethik formuliert Hare die (in einem logischen Sinne zu verstehende) These: Die Bedeutung von moralischen Ausdrücke wie »sollte« legt den Sprecher auf eine universelle Regel fest. Er muss bereit sein, die für eine bestimmte Situation erstellte (und durch das »sollte« ausgedrückte) Norm auch in allen anderen Situationen, die der ersten in allen relevanten Gesichtspunkten gleichen, als gültig zu betrachten. In der Metaethik besagt V. nicht, dass eine Person bzw. jeder solchen verallgemeinerbaren Regeln folgen sollte. – Für die V. als Kriterium praktischer Rationalität können zwei Adäquatheitsbedingungen (Hegselmann) formuliert werden: (1) Ein Prinzip der V. sollte ausschließen, dass jedes moralische Urteil verallgemeinerbar ist – darin besteht die selektive Kraft des Kriteriums. (2) Ein Kriterium der V. darf im Falle des Konflikts zwischen zwei Individuen um kontradiktorische Normen jeweils nur eine der einander ausschließenden Normen für verallgemeinerbar erklären.
Literatur:
- A. P. Griffiths: M.G. Singer-Generalization in Ethics. In: Philosophical Books. Vol.III. 1962. S. 18 ff
- R. Hegselmann: Normativität und Rationalität. Frankfurt 1979
- R. M. Hare: Freiheit und Vernunft. Frankfurt 1983
- Ders.: Die Sprache der Moral. Frankfurt 1983
- I. Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
- M. G. Singer: Verallgemeinerung in der Ethik. Frankfurt 1975
- R. Wimmer: Universalisierung in der Ethik. Frankfurt 1980.
PP
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