Lexikon der Physik: Neutrinophysik
Neutrinophysik
Klaus Winter, Berlin
Neutrinos sind elektrisch neutrale Elementarteilchen, die nur der schwachen Wechselwirkung unterliegen, z.B. im Prozeß des radioaktiven Betazerfalls. Ihre Existenz wurde 1930 von W. Pauli als Hypothese eingeführt, um die scheinbare Verletzung der Energieerhaltung im Betazerfall zu erklären. J. Chadwick hatte bereits 1914 entdeckt, daß das Energiespektrum der Elektronen, die im Betazerfall ausgesendet werden, nicht monoenergetisch ist, sondern ein Kontinuum von Null bis zum Maximalwert, den die Energiebilanz erlaubt, zeigt. Pauli nahm an, daß ein elektrisch neutrales Teilchen zusammen mit dem Elektron ausgesendet wird. Ein solches neutrales Teilchen war allerdings nie beobachtet worden. Eine Berechnung seiner Wechselwirkung mit Materie durch H.A. Bethe und Sir R.E. Peierls ergab einen mittleren freien Absorptionsweg in Blei von einem tausendstel Lichtjahr Länge. Nach Ansicht der Physiker um 1930 war dieses Teilchen somit nicht nachweisbar, ein Geisterteilchen (Geisterfelder) also. Die scheinbare Verletzung des Energiesatzes wurde in den zwanziger Jahren unter anderem von Lise Meitner bestätigt. Enrico Fermi hat die Ideen von Pauli in eine Theorie des Betazerfalls eingebaut. Er führte ein revolutionäres neues Konzept in seine Theorie ein: Er behandelte das Elektron und das Neutrino (›kleines Neutron‹ nannte Fermi Paulis Teilchen), beides Spin-1 / 2-Teilchen, als Felder, die zusammen entstehen, analog zur Entstehung eines Photons in Kernübergängen. Später wurde dieser Prozeß ›Fermi-Wechselwirkung‹ (Fermi-Theorie) getauft. Die Übereinstimmung von berechneten und gemessenen Betaspektren und Zerfallsraten war sehr gut – die Masse des Neutrinos war anscheinend kleiner als die Elektronmasse.
Die Suche nach dem Neutrino
Existieren Neutrinos als Teilchen? Die Antwort auf diese Frage erforderte 30 Jahre intensiver Forschung. Wegen der kleinen Absorptionswahrscheinlichkeit benötigte man eine Neutrinoquelle hoher Intensität sowie einen Detektor großer Masse, der die Absorption des Antineutrinos durch ein Proton unter Aussendung eines Positrons und Neutrons nachweisen kann:
. Nach dem 2. Weltkrieg gab es Kernreaktoren hoher Leistung, die einen Fluß von
in 10 m Abstand erzeugten. Reines, Cowan und Mitarbeiter entwickelten und bauten einen Detektor für Antineutrinoeinfang mit einer Target-Masse von 200 Tonnen. Die Vernichtung des Positrons in zwei Photonen von jeweils 511 keV Energie und der Einfang des Neutrons durch Cadmium, der mehrere Photonen nach einer charakteristischen Verzögerung von ≈ 5 μs ergibt, ist eine Signatur, die sich gut vom Untergrund unterscheiden läßt, der durch Neutronen, Photonen und kosmische Strahlung entstehen kann. Die gemessene
-Einfangsrate stimmte mit der Berechnung innerhalb der großen Unsicherheit des Antineutrinoflusses überein. 1956 publizierten sie die gefundene Evidenz für den Nachweis des Neutrinos als Teilchen. Sechs Jahre später, 1962, entdeckten Lederman, Schwartz und Steinberger ein zweites Neutrino, das Myon-Neutrino. Sie schufen damit ein neues Forschungsinstrument, den Neutrinostrahl. Der 20 GeV-Protonenstrahl des Synchrotrons am Brookhaven National Laboratory wird auf eine Targetplatte geschossen (siehe Abb. l ) und anschließend werden positiv geladene Pionen im Streufeld des Beschleunigers selektiert. Ein Bruchteil von einigen Prozent der Pionen zerfällt im Flug in ein Myon und ein Neutrino, bevor sie von einer 5,5 m dicken Eisenwand absorbiert werden. Die Myonen werden durch Ionisationsverluste in der Eisenwand zur Ruhe gebracht, nur Neutrinos können die Wand durchqueren. Sie wechselwirken dann mit der Materie des Detektors. Welche Sorte von Neutrinos entsteht nun im Zerfall von Pionen in Myonen? Der Detektor war dafür entworfen worden, zwischen Elektron-Neutrinos, die von Elektronen, und Myon-Neutrinos, die von Myonen im Einfangsprozeß durch Neutronen erzeugt werden, zu unterscheiden. Alle 30 Ereignisse besaßen eine Myonspur, wurden also durch Myon-Neutrinos erzeugt. Der sich daraus ergebende weitreichende Schluß, daß Neutrinos in zwei verschiedenen Familien existieren, wurde auf alle Leptonen und Quarks übertragen. Heute weiß man, daß sogar eine dritte Neutrinofamilie, das Tau-Neutrino, und entsprechend eine dritte Quarkfamilie, existieren.
Die Anzahl verschiedener Neutrinofamilien in der Natur kann mit Hilfe der Elektron-Positron-Vernichtung bei der Energie der Z-Masse sehr genau bestimmt werden. Diese Messung wurde am e+e--Kollider LEP des CERN durchgeführt. Durch Messung der Resonanzkurve des Z-Bosons, des 1983 am CERN entdeckten neutralen Austauschteilchens der schwachen Wechselwirkung, ergab sich die Zahl der Neutrinoarten mit einer Masse kleiner als der halben Z-Masse (90 Gev) zu N = 2,998 ± 0,029 (siehe Abb. 2 ). Offenbar gibt es in der Natur drei leichte Neutrinos und drei Quarkdubletts.
Neutrinophysik
Die Methode des Neutrinostrahls schuf einen neuen Forschungsbereich ›Neutrinophysik‹, der interessante Ergebnisse nach sich zog. Auf Grund der punktartigen Natur der Neutrinowechselwirkung mit Materie sind sie ideale Sonden. In einer Blasenkammer wurde am CERN beobachtet, daß die Wahrscheinlichkeit der Wechselwirkung von Neutrinos mit der Energie ansteigt. Diese Beobachtung wurde als ein Effekt der punktartigen Struktur der Materie interpretiert. Weitere Experimente ergaben, daß die Nukleonen (Protonen und Neutronen) tatsächlich aus Quarks bestehen, in Übereinstimmung mit dem Quarkmodell der Materie von M. Gell-Mann: das Proton aus zwei u- (up) Quarks und einem d- (down) Quark, das Neutron aus zwei d- und einem u-Quark. Ungefähr die Hälfte aller Neutrinowechselwirkungen mit Materie finden jedoch nicht mit Quarks, sondern mit Gluonen, welche die Quarks zusammenhalten, statt. Gluonen erzeugen einen virtuellen See von Quark- und Antiquarkpaaren. Messungen mit Neutrino- und Antineutrinostrahlen (Antiteilchen) führten zu einer quantitativen Analyse der Quark- und Antiquarkstruktur der Materie. Bei einer speziellen Klasse von Ereignissen, die durch hochenergetische Neutrinos produziert werden, fand man zwei Myonen im Endzustand: ein hochenergetisches Myon negativer Ladung direkt aus der Myon-Neutrino-Wechselwirkung, und ein positiv geladenes Myon niedrigerer Energie, das am Hadron-Vertex entsteht. Das zweite Myon ist ein Zerfallsprodukt eines schweren Charm-Quarks (c-Quark). Es wird durch die Verschmelzung eines virtuellen W-Teilchens, des geladenen Austauschteilchens der schwachen Wechselwirkung, und dem d-Quark oder dem s-Quark (Strange-Quark) erzeugt. Der Übergang eines d-Quarks zum c-Quark wird durch den Cabibbo-Winkel unterdrückt und kompensiert dadurch die seltenere Anwesenheit des s-Quarks im See; auf diese Weise werden nahezu gleiche Beiträge von Ereignissen mit zwei Myonen erzeugt. In Antineutrino-Ereignissen verschmilzt ein Antiquark mit einem virtuellen W+-Teilchen zu einem
-Quark, das in μ- zerfällt. Das hochenergetische Myon dagegen ist positiv geladen.
Eine detaillierte Studie dieser Prozesse führte zur Messung einer Quark-Mischungs-Matrix mit 3 × 3 Elementen, der CKM-Matrix.
In Neutrinoereignissen, die 1973 in der Gargamelle-Blasenkammer am CERN beobachtet wurden, wurde ein ganz neues Phänomen entdeckt, eine neue schwache Wechelwirkung durch neutrale Ströme. Die Hinweise darauf ergaben sich aus Myon-Neutrino-induzierten Ereignissen ohne Myon im Endzustand. Anfänglich wurden Ereignisse zweierlei Arten entdeckt: elastische Streuung eines Antimyon-Neutrinos am Elektron, und Ereignisse, deren Spuren als Hadronen identifiziert wurden, entweder durch sichtbare Wechselwirkungen oder durch Zerfälle. Wenig später wurde das neue Phänomen in inklusiven, generellen Ereignissen identifiziert und als Austausch eines Z-Bosons interpretiert. In der Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung (Glashow-Weinberg-Salam-Modell), welche eine vereinheitlichte Beschreibung der elektromagnetischen und der schwachen Kraft liefert, wird die neutrale schwache Wechselwirkung des neutralen Stroms durch Mischung des geladenen Stroms und des elektromagnetischen Stroms beschrieben. Die Mischung wird durch einen Winkel beschrieben, den Weinberg-Winkel (elektroschwache Parameter), der experimentell aus dem Verhältnis neutraler und geladener Strom-Wirkungsquerschnitte bestimmt wurde. Sein Wert steht in Beziehung zum Verhältnis der W- und der Z-Masse. Frühe Messungen in Neutrinoexperimenten ergaben Voraussagen für diese Massen (MW ≈ 82 GeV, MZ ≈ 90 GeV), die durch direkte Messungen der Massen bestätigt wurden. Diese Übereinstimmung ist eine wichtige Bestätigung der vereinheitlichten Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung.
Die lokale Eichsymmetrie des Glashow-Weinberg-Salam-Modells ist experimentell durch Neutrino-Elektron-Streuung und elastische e+e--Streuung verifizierbar. νμe- und νee- bzw.
– und
-Streuung bestimmen zwei mögliche Lösungen der Kopplungen, e+e--Streuung bestimmt acht Kegelbereiche möglicher Kopplungswerte. Eine gemeinsame Lösung aus der Überlappung dieser Bereiche wurde gefunden – sie sagt aus, daß das Elektron bezüglich des Neutrinos der ›down‹-Zustand ist, wie durch die lokale Eichsymmetrie vorhergesagt. Die Messungen der νμe- und
-Streuung wurden mit einem Neutrinostrahl hohen Flusses am CERN durchgeführt, diejenigen der elastischen e+e-- Streuung am LEP-Speicherring.
Astrophysik
Die Kernreaktion, die durch die schwache Kraft vier Wasserstoffkerne zu Helium verschmilzt, ist die Hauptenergiequelle der Sonne und ähnlicher Sterne. Zwei Neutrinos werden dabei ausgesendet. Auf der Erde kommen, gemittelt über das Jahr, 1010 Neutrinos / cm2 / s an. Andere Reaktionen finden unter Beteiligung von Beryllium (7Be) und Bor (8B) statt. Der solare Neutrinofluß wurde mit Hilfe von drei verschiedenen Nachweisreaktionen und Techniken untersucht:
(1) νe37Cl
e-37Ar; Schwelle Eν > 814 keV),
(2) νe71Ga
e-71Ge; Schwelle Eν > 233 keV),
(3) νee-Streuung durch Tscherenkow-Strahlung des Elektrons in Wasser; Schwelle (instrumentell) Eν > 7,5 MeV.
Mit Methode (1) wurden solare Neutrinos zum ersten Mal und dann über 20 Jahre nachgewiesen. Der gemessene Fluß ist allerdings um einen Faktor drei kleiner als der berechnete Fluß. Auf Grund der Schwelle werden nur 8B-Neutrinos gemessen. Mit Methode (2) werden Neutrinos aus der Wasserstoff-Fusion und aus 7Be- und 8B-Prozessen gemessen. Der gemessene Fluß ist hier um einen Faktor zwei kleiner als der berechnete Fluß. Mit der Methode (3) kann die Richtung des einfallenden Neutrinos rekonstruiert werden. Daraus ergab sich die wichtige Bestätigung, daß die nachgewiesenen Neutrinos tatsächlich von der Sonne kommen. Ist nun der fehlende Neutrinofluß durch Fehler in der sehr sensiblen Rechnung erklärbar? (Der 8B-Neutrinofluß hängt beispielsweise mit der 18ten Potenz von der Temperatur im Sonnenzentrum ab.) Oder beruht das Flußdefizit auf bisher unbekannten Eigenschaften der Neutrinos, die ihre Identität auf dem Weg zur Erde verändern? Wenn diese Teilchen in Myon- oder Tau-oder sog. ›sterile‹ Neutrinos oszillieren, dann können sie durch keine Methode nachgewiesen werden. Durch die Kombination der drei Resultate und unter Berücksichtigung der totalen Sonnenluminosität kann man die drei Neutrinoflüsse getrennt bestimmen. Es ergibt sich eine starke Reduktion des 7Be-Neutrinoflusses, wenn man annimmt, daß das Standard-Sonnenmodell korrekt ist. Eine derartige Flußreduktion wird durch die theoretische Annahme einer Resonanz im νe
νμ-Übergang in Materie vorhergesagt. Auf Grund der Wechselwirkung von νe mit Elektronen in der Sonne kreuzt die effektive νe-Masse diejenige von Myon-Neutrinos. Diese kleine materieverstärkte Oszillation zeigt sich jedoch nicht in der Beobachtung des Neutrinoflußverhältnisses am Tage und in der Nacht mit Methode (3). Wenn materieverstärkte Oszillation in der Sonne aktiv wäre, dann müsste der νe-Fluß größer werden, wenn die Erde zwischen der Sonne und dem Detektor ist, und das Tag/Nacht-Verhältnis kleiner als Eins sein. Kleine Veränderungen im Energiespektrum der Sonnenneutrinos, die auf Grund der materieverstärkten Oszillation erwartet würden, wurden ebenfalls nicht beobachtet. Die Frage nach den fehlenden Sonnenneutrinos kann also zur Zeit nicht schlüssig beantwortet werden.
Auch das Ende eines Sterns ist von interessanter Neutrinophysik begleitet. Der Gravitationskollaps von Sternen mit mehr als 1,5 Sonnenmassen am Ende der Verschmelzung und Verbrennung der leichten Elemente bis zum Eisen führt zum Supernova-Phänomen. Bei der hohen Dichte im Kollaps werden die Elektronen der Sternmaterie in Protonen hineingequetscht, es entsteht ein Neutronenstern sowie Neutrinos. Die potentielle Energie von 1055 erg, die im Kollaps entsteht, wird vor allem von Neutrinos abgestrahlt. Diese Neutrinostrahlung wurde zum ersten Mal 1987 beobachtet. Zwanzig Neutrinoereignisse wurden durch den Nachweis der Tscherenkow-Strahlung von Rückstoßelektronen in Wasser aus der Neutrino-Elektron-Streuung beobachtet. Diese Rate stimmt gut mit der Theorie des Supernova-Kollaps von H. Bethe überein. Der Neutrinopuls dauerte 10-15 Sekunden. Zwei Detektoren, die sich in Minenschächten in den USA und in Japan befinden und ursprünglich zur Suche nach Protonenzerfällen eingesetzt waren, ergaben unabhängig voneinander übereinstimmende Resultate. (Neutrinoastronomie)
Neutrinooszillationen
Nach keinem anderem Phänomen ist intensiver gesucht worden als nach diesem. Dieser hypothetische Prozeß, ausgelöst durch die Mischung verschiedener Neutrinozustände, wurde von B. Pontecorvo und von Z. Maki 1958 bzw. 1967 postuliert, um das Defizit an beobachteten Sonnenneutrinos zu erklären: Neutrinos bewegen sich als Masseneigenzustände. Wenn die Bewegungszustände verschiedene Massen haben, führt quantenmechanische Interferenz zum Verschwinden einer Neutrinosorte und zum Erscheinen einer anderen Sorte. Die Oszillationslänge hängt von der Differenz der Quadrate der Massen der Eigenzustände ab und der Bruchteil der Sorte, der verschwindet oder erscheint, von der Mischungsstärke. Eine 3 × 3-Mischungsmatrix beschreibt alle Phänomene. Da es aber noch keine Theorie der Neutrinomischung gibt, sind auch keine Vorhersagen der Neutrinomassen und -mischungsstärken möglich.
Die erste überzeugende Beobachtung, das Verschwinden von Myon-Neutrinos atmosphärischen Ursprungs, wurde 1998 von einer japanischen Gruppe geleistet, die einen großen wassergefüllten Tscherenkow-Zähler (40 000 Tonnen) in einer unterirdischen Mine in Japan (Kamioka) benutzt. Atmosphärische Neutrinos entstehen im Zerfall von Pionen, die durch primäre kosmische Strahlung in der Erdatmosphäre erzeugt werden, und zwar im Verhältnis von zwei Myon- zu einem Elektron-Neutrino. Auf Grund des isotropen Flusses der primären Höhenstrahlung muß die Rate von aufwärts und abwärts fliegenden Neutrinos bis auf Abweichungen von 1-2 % gleich sein. Das japanische Experiment beobachtete hingegen eine starke Asymmetrie von aufwärts und abwärts fliegenden Neutrinos, beinahe 50 % der aufwärts fliegenden Neutrinos fehlen (siehe Abb. 3 ). Die mittlere Oszillationslänge betrug etwa 4 000 km bei der Energie von 1 GeV, entsprechend einer Massenquadrat-Differenz von 3 · 10-3 (eV)2 oder einer Massendifferenz von 0,05 eV.
Die Mischungsstärke schien maximal zu sein. Das Erscheinen einer entsprechenden Zahl von Neutrinos einer anderen Sorte, vermutlich Tau-Neutrinos, konnte bisher noch nicht beobachtet werden. Um diese Beobachtung zu ermöglichen, muß ein neues Experiment gebaut werden. Es wird einen Myon-Neutrino-Strahl des SPS-Beschleunigers am CERN benutzen und einen Detektor im Gran Sasso-Tunnel bei Rom in einer Entfernung von 730 km von der Quelle. Die Planung sieht den Beginn des Experimentes für das Jahr 2004 vor.
Offene Fragen
Eine der zentralen Aufgaben zukünftiger Neutrinophysik ist die vollständige Messung der Neutrinomischungsmatrix; außerdem steht die Entdeckung einer zweiten Massenquadratdifferenz (νe
ντ oder νe
νμ) auf der Wunschliste der Physiker. Dann würde sich die interessante Frage stellen, ob die Matrix die CP-Invarianz verletzt (CP-Verletzung). In diesem Fall hätten Neutrinos und Antineutrinos verschiedene Mischungsstärke. Es wäre auch interessant, nach materieverstärkter Neutrinooszillation zu suchen. Sie würde sich durch verschiedene Oszillationsmuster für Neutrinos und Antineutrinos manifestieren.
Das Phänomen einer endlichen Neutrinomasse kann nicht im Rahmen des Standardmodells der elektroschwachen Kraft beschrieben werden. Die Theorie müßte auf ein größeres Symmetrieschema erweitert werden. Die kosmologischen Konsequenzen einer endlichen Neutrinomasse müssen ebenfalls noch ausgearbeitet werden.
Literatur:
K.Winter (Hrsg.): Neutrino Physics, Cambridge University Press, 1992.
Neutrinophysik 3: Myonartige und elektronartige Neutrinoereignisse im Kamiokande-Detektor. Die myonartigen Ereignisse nehmen als Funktion von L / Eν ab, vermutlich durch Umwandlung (Oszillation) der Myon-Neutrinos in eine andere Neutrino-Sorte. Die Abhängigkeit von L / Eν kann durch eine Differenz der Neutrinomassen-Quadrate von 3 · 10-3 (eV)2 beschrieben werden.
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