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Lexikon der Psychologie: Wittgenstein, Ludwig Josef Johann

Wittgenstein, Ludwig Josef Johann, 1889–1951, österreichisch-britischer Philosoph. Er leistete bedeutende Beiträge zur analytischen Philosophie und Sprachphilosophie. Wittgenstein stammte aus einer angesehenen und wohlhabenden jüdischen Fabrikantenfamilie in Wien. Er besuchte die Schule in Linz und studierte ab 1906 in Berlin und ab 1908 in Manchester Maschinenbau. Dort verlagerte sich sein Interesse zunehmend auf die Grundlagen der Wissenschaft, zunächst der Mathematik, dann der Logik, die damals in England zur Grundlagendisziplin schlechthin avancierte. Über sein Interesse an der reinen Mathematik kam er zur Philosophie von Bertrand Russell, der für Wittgenstein zum wichtigsten Lehrer – und später auch zum wichtigsten Gegner – wurde. 1918 schrieb er auf der Basis seiner Notizen zu logischen Problemen eine „Logisch-philosophische Abhandlung“, die 1921 unter dem Titel „Tractatus logico-philosophicus erschien, sein einziges zu Lebzeiten veröffentlichtes Werk. Nach der Vollendung des „Tractatus“ war er davon überzeugt, daß alle philosophischen Fragen und Denkprobleme im wesentlichen gelöst seien, und wandte sich von der Philosophie ab. Er verschenkte sein 1913 geerbtes Vermögen und nahm 1920 in einem abgelegenen Dorf in Niederösterreich eine Tätigkeit als Volksschullehrer auf. Ab 1926 arbeitete er eine Zeit lang als Gärtner in einem Kloster, bevor er als Architekt für seine Schwester in Wien ein Palais errichtete, in dessen strengem, schmucklosen Stil er versuchte, den „Tractatus“ architektonisch anschaulich zu machen.
Nachdem er daran zu zweifeln begonnen hatte, tatsächlich sämtliche Probleme der Philosophie gelöst zu haben, kehrte Wittgenstein 1929 dann nach Cambridge zurück, um seine philosophischen Studien fortzuführen. Seinen „Tractatus“ reichte er als Doktorarbeit ein. Durch die Förderung englischer Freunde erhielt er Forschungs- und Lehraufträge, 1939 wurde er schließlich Professor für Philosophie in Cambridge und erhielt die britische Staatsbürgerschaft. 1947 gab Wittgenstein seine Professur wieder auf, wechselte häufig seinen Aufenthaltsort und arbeitete fast nur noch an seinen „Philosophischen Untersuchungen“, seinem zweiten Hauptwerk, das erst 1953 postum erschien.
Wittgenstein avancierte zum führenden Denker der analytischen Philosophie und des Neopositivismus. Er deutete die Erscheinungswelt als Einzeltatsachen ohne Zusammenhang und wandte sich gegen jede allgemeingültige Aussage. Sein philosophisches Schaffen kann in eine frühe und eine späte Periode unterteilt werden, wobei die erste durch seinen „Tractatus“ und die zweite durch seine „Philosophischen Untersuchungen“ gekennzeichnet ist. Im „Tractatus“ vertrat er die Anschauung, daß das „Ziel der Philosophie die logische Klärung der Gedanken sei“, während er in den „Philosophischen Untersuchungen“ die Philosophie als „Kampf gegen die Verwirrung unseres Verständnisses durch die Sprache“ betrachtete. Beide Werke verliehen der Philosophie des 20. Jahrhunderts entscheidende Impulse.

Ge.Ti.

  • Die Autoren
Gerd Wenninger

Die konzeptionelle Entwicklung und rasche Umsetzung sowie die optimale Zusammenarbeit mit den Autoren sind das Ergebnis von 20 Jahren herausgeberischer Tätigkeit des Projektleiters. Gerd Wenninger ist Mitherausgeber des seit 1980 führenden Handwörterbuch der Psychologie, des Handbuch der Medienpsychologie, des Handbuch Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz sowie Herausgeber der deutschen Ausgabe des Handbuch der Psychotherapie. Er ist Privatdozent an der Technischen Universität München, mit Schwerpunkt bei Lehre und Forschung im Bereich Umwelt- und Sicherheitspsychologie. Darüber hinaus arbeitet er freiberuflich als Unternehmensberater und Moderationstrainer.

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