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Interview: "ADHS ist keine Krankheit"

Immer mehr Kinder gelten als notorisch unaufmerksam oder hyperaktiv – wie kommt das? Werden Heranwachsende heute mit so vielen Reizen überflutet, dass mancher dem nicht mehr gewachsen ist? Oder stellen Eltern und Lehrer höhere Ansprüche an das Konzentrationsvermögen als früher? G&G sprach mit dem Heidelberger Kinderpsychiater und ADHS-Spezialisten Helmut Bonney.
Helmut Bonney

Herr Dr. Bonney, Studien deuten auf einen großen Einfluss genetischer Faktoren bei der Entstehung von ADHS hin. Andererseits hat die Zahl der Diagnosen in jüngster Zeit zugenommen. Wie passt das zusammen?
Unsere genetische Ausstattung hat sich in den letzten paar tausend Jahren sicher nicht grundlegend verändert. Wenn man heute also in wachsendem Maß Aufmerksamkeitsprob­leme bei Kindern beobachtet, dann hat das in erster Linie mit veränderten Umweltanforderungen zu tun. ADHS ist im Wesentlichen ein kulturelles Phänomen, dessen Wurzeln weit zurück­reichen. Schon etwa um die Mitte des 19. Jahrhunderts machte das Verständnis von Wahrnehmungsprozessen einen grundlegenden Wan­del durch: Nicht mehr das Objekt ­wurde als deren Ausgangspunkt betrachtet, sondern das Subjekt, das selbstständig dafür sorgen muss, dass es im "Gewühle der Sinneseindrücke" nicht untergeht ...

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  • Literaturtipp

Bonney, H:ADHS - Na und? Vom heilsamen Umgang mit handlungsbereiten und wahrnehmungsstarken Kindern. Carl-Auer, Heidelberg 2012
Ausführliche Erläuterungen unter anderem zu der Frage, ob ADHS als Störung zu betrachten ist oder nicht

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