Ursachenforschung: Allergien auf dem Vormarsch
Warum haben Asthma, Neurodermitis und Nahrungsmittelallergien in den letzten Jahrzehnten so stark zugenommen? Die Hygienehypothese erklärt dies so: Kinder hätten relativ wenig Kontakt mit Erregern – für ihr erst heranreifendes Immunsystem zu wenig. Aber lässt sich die Allergieexplosion wirklich so einfach erklären? Mittlerweile zeichnet sich ab, dass die Sache wohl doch erheblich komplizierter ist.
Zwar erhöht unsere moderne Lebensart anscheinend tatsächlich das Allergierisiko. Doch Forschungen zufolge liegt das nicht nur an übertriebener Sauberkeit und Hygiene. Denn wie sich anzudeuten scheint, nehmen die gesamten äußeren Umstände auf ein reifendes Immunsystem Einfluss: etwa der Ort, wo das Kind aufwächst, seine Ernährung und die Geschwisterzahl. Vermutlich geht es nämlich nicht nur darum, dass dem Immunsystem die Auseinandersetzung mit potenziellen Krankheitserregern und Allergenen fehlt, sondern auch um das empfindliche Gleichgewicht zwischen dem Körper und den vielen ihn besiedelnden Mikroorganismen (siehe "Tausend Billionen Freunde", SdW 11/ 2012, S. 26). Unsere Evolution lief im Zusammenspiel mit diesen ab, und das Immunsystem hält sich durch sie in Balance.
Dass zu wenig Schmutz – genauer Kontakt mit Erregern – womöglich Allergien fördert, brachte 1989 der Epidemiologe David Strachan ins Gespräch, der heute an der St George’s University of London arbeitet. Den Begriff "Hygienehypothese" verwendete Strachan damals nicht – wie er auch betont, dass es ihm um eine viel engere Fragestellung ging. An sich war die Idee nicht neu. Der Mediziner wollte wie andere Forscher auch verstehen, warum zwar viele Krankheiten dank sauberen Wassers, verbesserter Sanitäreinrichtungen und Abwasserkanalisation, durch Impfungen und medizinische Fortschritte selten geworden waren, jedoch andererseits Allergien deutlich zunahmen. Und wieso betraf dies vornehmlich Industrieregionen und städtische Ballungsräume? ...
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