Spezial: Die Neurobiologie der Angst: Fehlalarm
Das erste Mal passiert es in der Straßenbahn, auf dem Weg zur Arbeit. Lena Hubers* Herz beginnt zu rasen, sie bekommt keine Luft mehr, ihr wird schwindlig. Angst. Nackte Panik befällt die junge Finanzbeamtin. Für die Umstehenden unterscheidet diese Straßenbahnfahrt nichts von unzähligen anderen – aber Lena Huber befürchtet, gleich sterben zu müssen. Rund 20 Minuten dauert dieser schier unerträgliche Zustand, bevor sich ihre Gefühlslage und das körperliche Befinden wieder halbwegs einpendeln.
Als sich Ähnliches am übernächsten Tag wiederholt, beschließt Lena Huber Busse und Bahnen zu meiden und steigt aufs Taxi um. Ohne Erfolg: Die Panikattacken, die immer gleich ablaufen, treten bald darauf auch während der Arbeit auf. Lena Huber lässt sich krankschreiben. Der Hausarzt schickt sie zum Kardiologen, der bescheinigt: Herz und Lunge funktionieren einwandfrei.
Eigentlich ist Angst, wie sie Lena Huber in extremer Weise befallen hat, eine normale und überlebenswichtige Emotion. Sie tritt in Situationen auf, die wir als bedrohlich einschätzen, und versetzt uns augenblicklich in die Lage, einer äußeren Gefahr adäquat zu begegnen: Puls, Blutdruck und Atemfrequenz steigen, die Muskulatur wird besser durchblutet, große Energiemengen werden mobilisiert. Auch bestimmte psychische Funktionen wie die Aufmerksamkeitsleistung erreichen höchstes Niveau. Diese Antwort des Körpers hilft, Schaden von uns abzuwenden, indem wir entweder der Bedrohung ausweichen oder – wenn es dazu zu spät sein sollte – bereit sind, zu kämpfen, davonzulaufen oder zu erstarren, um hoffentlich nicht aufzufallen …
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