Apathie: Der lustlose Bastler
Frau W. kam in meine Sprechstunde und erzählte mir ganz aufgeregt von ihrem Mann: »Herr Doktor, er will nichts mehr tun! Wenn ich es ihm nicht dreimal sage, wäscht er sich morgens nicht mehr, zieht sich nicht an und liegt den ganzen Vormittag im Bett. Nachmittags setzt er sich ins Wohnzimmer und schaut ununterbrochen fern. Einmal saß er nur so vor dem ausgeschalteten Fernseher. Er tat einfach gar nichts! So blieb er für eine gute halbe Stunde reglos sitzen, bis ich ihm den Fernseher anmachte. Anfangs dachte ich, er sei vielleicht deprimiert. Aber nein, wenn ich ihn frage, sagt er, dass er sich nicht traurig oder bedrückt fühlt. Er beschwert sich nicht, und er scheint auch nicht niedergeschlagen zu sein. Mein Mann, der einmal so aktiv war und so gerne gebastelt hat! Ich fürchte, er ist furchtbar faul geworden.«
Faul – so beschrieb Frau W. ihren 71-jährigen Ehemann. Normalerweise bezeichnen Menschen andere dann als »faul«, wenn diese fähig wären, etwas zu tun, und dies sogar sollten, es aber unterlassen. Ihre Untätigkeit basiert also nicht auf einem Mangel an Wissen oder Können. Herr W. hätte sich anziehen und den Fernseher einschalten können, doch ohne seine Frau tat er es nicht mehr – weshalb sie Faulheit als Ursache vermutete. Ihr Mann vermied selbst Aktivitäten, die ihm früher Freude bereiteten. Gab es dafür womöglich einen medizinischen Grund? ...
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