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Interview: "Wir betrachten nicht nur das Wetter"

Friederike Otto sucht nach den Ursachen für Extremwetterereignisse. Im Gespräch mit »Spektrum« erzählt die Wissenschaftlerin, wie man den Anteil des Klimawandels herausfiltert und was ihre Arbeit für politische Entscheidungen bedeutet.
Die Sonne strahlt umgeben von leichten Schleierwolken
Ob Hitzewelle oder Starkregen: Heute lässt sich recht sicher bestimmen, wie groß der Anteil des Klimawandels an Extremwetterereignissen ist.

Ob tödliche Hitze in weiten Teilen Südeuropas oder Sturzfluten in Italien: Extremes Wetter erzeugt jedes Mal auch eine Debatte, wie stark der Klimawandel dazu beigetragen hat. Denn Naturkatastrophen gab es schon immer – hätte es diese hier ohne Klimawandel nicht gegeben? Friederike Otto untersucht seit zehn Jahren, wie man die Frage für einzelne Ereignisse beantwortet: Sie betreibt Attributionsforschung. Manche wären demnach ohne die Erderwärmung quasi unmöglich gewesen, bei anderen wiederum offenbart sich vor allem menschliche Fehlplanung.

»Spektrum«: Frau Dr. Otto, heute, am Tag unseres Gesprächs, ist der 25. April. Für die nächsten Tage sind in Teilen Spaniens Temperaturen von 35 bis 40 Grad vorhergesagt. Wenn Sie zu dieser Hitzewelle eine Attributionsstudie erstellen würden, wie würden Sie vorgehen?

Wir machen eine Attributionsstudie, wenn ein Ereignis viele Menschen beeinträchtigt. Das ist das wichtigste Kriterium für uns. Hier wäre das wahrscheinlich der Fall, denn es ist extrem früh im Jahr für derart hohe Temperaturen. Hitzewellen sind ohnehin mit Abstand die tödlichsten Extremereignisse; besonders gefährlich sind sie aber am Anfang der Saison, wenn die Menschen noch nicht an die Hitze gewöhnt sind.

Welchen Unterschied macht es, wenn die Hitze früher kommt?

Die Todeszahlen sind bei früheren Hitzewellen höher. Im Hochsommer rechnen die Menschen damit und verhalten sich anders, bleiben etwa tagsüber in ihren Häusern. In Spanien sind die meisten Städte immerhin auf hohe Temperaturen ausgelegt, anders als etwa London, wo im Sommer 2022 bis zu 40 Grad Celsius herrschten.

Nehmen wir an, Sie entscheiden sich, die Studie durchzuführen. Was folgt dann?

Wir definieren das Ereignis. Denn je nachdem, wie man eine Hitzewelle betrachtet, erhält man ein anderes quantitatives Ergebnis für den Einfluss des Klimawandels. Würde man die Temperaturen gemittelt über den gesamten April in Spanien erfassen, erhielte man ein anderes Ergebnis, als wenn man sich etwa auf die Maximaltemperaturen über zwei oder drei Tage in den am meisten betroffenen Gebieten fokussiert. Letzteres würde man vermutlich eher tun, denn dieser Faktor ist besonders wichtig, was die Auswirkung auf die Gesundheit angeht. Ebenso könnte man sich Hitzestress anschauen, also die Kombination von Feuchtigkeit und Hitze. Das wäre beispielsweise in tropischen Regionen sinnvoll …

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