Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Nähe: Auf Abstand

Bestimmte Nervenzellen im Gehirn überwachen die unmittelbare Umgebung des Körpers. Sie schlagen nicht nur Alarm, wenn uns jemand zu nahe kommt, sondern sind für unsere gesamte Interaktion mit der Umwelt unerlässlich.
Gedränge in der U-Bahn-Station

Es ist ein unangenehmes Gefühl, wenn uns fremde Menschen zu nah auf die Pelle rücken. Sei es unfreiwillig in einer überfüllten U-Bahn oder als Machtdemonstration im Streit. Wir spüren den Atem des anderen auf der Haut und haben nur eines im Sinn: so schnell wie möglich Abstand gewinnen. Denn in solchen Situationen wird unsere persönliche Distanzzone verletzt – ein unsichtbarer Puffer um unseren Körper herum. Er umgibt uns wie eine zweite Haut und beeinflusst sogar die Art, wie wir miteinander kommunizieren. Und doch wissen die meisten Menschen nicht einmal, dass es ihn gibt.

Die Bezeichnung Puffer ist eigentlich nicht ganz richtig. Vielmehr sind es zahlreiche unsichtbare Zonen, die unser Gesicht, die Arme und den Oberkörper umgeben. Dringt ein Objekt in diese ein, lösen bestimmte Nervenzellen ein Ausweich- oder Abwehrverhalten aus. Die Größe der persönlichen Distanzzone ist flexibel, sie ändert sich etwa je nach Stimmung oder Kontext. Dennoch ist sie mehr als nur ein Schutzwall: Ohne sie wären wir nicht dazu in der Lage, Hindernissen auszuweichen oder mit einer Gabel zu essen.

Die ersten Beschreibungen des Phänomens beruhen auf den Beobachtungen des Schweizer Zoologen und Zoodirektors Heini Hediger (1908–1992). Er entdeckte in den 1950er Jahren, dass in Gefangenschaft lebende Tiere zwei Arten von Territorien abstecken: ein äußeres, welches durch bestimmte Landmarken wie Steine oder Bäume gekennzeichnet ist, und eines, das sie stets mit sich umhertragen. So fiel dem Verhaltensforscher auf, dass Zebras nicht sofort die Flucht ergriffen, wenn sie ihn kommen sahen, sondern erst, wenn ...

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Beziehungen: Wie sie prägen, wann sie stärken

Das Dossier widmet sich sozialen Beziehungen in all ihren Facetten: zwischen Partnern, Eltern und Kindern, Freunden oder in Gemeinschaften. Die Beiträge liefern wichtige, aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung. Sie verdeutlichen, wie heilsam und wichtig die Verbundenheit mit anderen ist, aber auch, wann sie schaden kann. So zeigt der Beitrag zum Thema Bindungsfähigkeit, dass die Erfahrungen der ersten Lebensjahre prägend sind. Doch Bindungsstile lassen sich ändern. Mit vernetzten Hirnscannern ergründen Mannheimer Forscherinnen und Forscher die Geheimnisse sozialer Interaktionen, die einiges über die Beziehung verraten. Das Hormon Oxytozin gilt als soziales Bindemittel. Ein reines Kuschelhormon ist es dennoch nicht. Auch Umarmungen spielen im Alltag vieler Menschen eine wichtige Rolle, aber erst jetzt beginnen Psychologen, dieses Verhalten zu verstehen.

Spektrum Kompakt – KI im Einsatz - Gekommen, um zu bleiben

Künstliche Intelligenz beantwortet längst nicht nur Fragen im Chat. Durch stetiges Lernen berechnet sie das Risiko zukünftiger Naturkatastrophen, entschlüsselt tierische Kommunikation und unterstützt die medizinische Diagnostik.

Spektrum der Wissenschaft – KI und ihr biologisches Vorbild

Künstliche Intelligenz erlebt zurzeit einen rasanten Aufschwung. Mittels ausgeklügelter neuronaler Netze lernen Computer selbstständig; umgekehrt analysieren Soft- und Hardware neuronale Prozesse im Gehirn. Doch wie funktioniert das biologische Vorbild der KI unser Gehirn? Was ist Bewusstsein und lässt sich dieses Rätsel lösen? Auf welche Weise kreiert unser Denkorgan Gefühle wie Liebe? Können Maschinen Gefühle verstehen? Erfahren Sie mehr aus dem Spannungsfeld zwischen natürlicher und künstlicher Intelligenz!

  • Literaturtipp und Quellen

Literaturtipp

Graziano, M. S. A.: The spaces between us. A Story of Neuroscience, Evolution, and Human Nature. Oxford University Press, 2018. Der Neurowissenschaftler Michael Graziano erklärt die Entwicklung der peripersonalen Neurone und ihre Bedeutung für unser Leben.

Quellen

Bar-Haim, Y. et al.: Attachment in infancy and personal space regulation in early adolescence. Attachment & Human Development 4, 2019

Cardini, F. et al.: Enlarged representation of peripersonal space in pregnancy. Scientific Reports 13, 2019

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.