Nähe: Auf Abstand
Es ist ein unangenehmes Gefühl, wenn uns fremde Menschen zu nah auf die Pelle rücken. Sei es unfreiwillig in einer überfüllten U-Bahn oder als Machtdemonstration im Streit. Wir spüren den Atem des anderen auf der Haut und haben nur eines im Sinn: so schnell wie möglich Abstand gewinnen. Denn in solchen Situationen wird unsere persönliche Distanzzone verletzt – ein unsichtbarer Puffer um unseren Körper herum. Er umgibt uns wie eine zweite Haut und beeinflusst sogar die Art, wie wir miteinander kommunizieren. Und doch wissen die meisten Menschen nicht einmal, dass es ihn gibt.
Die Bezeichnung Puffer ist eigentlich nicht ganz richtig. Vielmehr sind es zahlreiche unsichtbare Zonen, die unser Gesicht, die Arme und den Oberkörper umgeben. Dringt ein Objekt in diese ein, lösen bestimmte Nervenzellen ein Ausweich- oder Abwehrverhalten aus. Die Größe der persönlichen Distanzzone ist flexibel, sie ändert sich etwa je nach Stimmung oder Kontext. Dennoch ist sie mehr als nur ein Schutzwall: Ohne sie wären wir nicht dazu in der Lage, Hindernissen auszuweichen oder mit einer Gabel zu essen.
Die ersten Beschreibungen des Phänomens beruhen auf den Beobachtungen des Schweizer Zoologen und Zoodirektors Heini Hediger (1908–1992). Er entdeckte in den 1950er Jahren, dass in Gefangenschaft lebende Tiere zwei Arten von Territorien abstecken: ein äußeres, welches durch bestimmte Landmarken wie Steine oder Bäume gekennzeichnet ist, und eines, das sie stets mit sich umhertragen. So fiel dem Verhaltensforscher auf, dass Zebras nicht sofort die Flucht ergriffen, wenn sie ihn kommen sahen, sondern erst, wenn ...
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