Titelthema: Physik: Auf dem Weg zur Quantengravitation
Im Januar 1957 trafen sich Forscher an der University of North Carolina in Chapel Hill zu einer aufregenden Konferenz. Fast alle bedeutenden Gravitationsphysiker jener Zeit hatten sich versammelt, um eine Bestandsaufnahme ihres Fachgebiets zu versuchen. Die eine Hälfte der Tagung befasste sich mit Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie. Das ist die moderne Theorie der Gravitation, in der diese Wechselwirkung nicht mehr als Fernwirkungskraft zwischen Objekten mit Masse, sondern als Geometrie von Raum und Zeit gedeutet wird. Die Relativitätstheorie beschreibt alle mit der Schwerkraft verknüpften makroskopischen Erscheinungen: von unserer direkten Umgebung über Sonnensystem, Sterne und Galaxien bis hin zum Universum als Ganzem.
Die zweite Hälfte der Tagung befasste sich mit Verallgemeinerungen von Einsteins Theoriegebäude unter Einbeziehen der Quantentheorie. Eine solche erweiterte Theorie versehen Fachleute mit dem Etikett Quantengravitation. In gewissem Sinn vereint sie Mikro- und Makrokosmos, da die Quantentheorie hauptsächlich für die Beschreibung von Molekülen, Atomen und Elementarteilchen zuständig ist und die Gravitation für das Große und Ganze, etwa die gegenseitige Anziehung ganzer Galaxien. Doch trotz intensiver, jahrzehntelanger Bemühungen konnte bis heute noch keine allgemein anerkannte Theorie der Quantengravitation entwickelt werden. Allerdings existiert dafür eine Reihe mehr oder weniger aussichtsreicher Kandidaten, von denen ich die wichtigsten im Folgenden vorstellen werde.
Warum sollten wir uns überhaupt mit Quantengravitation befassen? Den vielleicht wichtigsten Grund erläuterte Richard Feynman (1918 – 1988) auf der Chapel-Hill-Konferenz. Der US-amerikanische Physiker benutzte dazu ein Gedankenexperiment in Anlehnung an den berühmten Stern-Gerlach-Versuch in der experimentellen Atomphysik. In diesem erstmals 1922 von Otto Stern und Walther Gerlach durchgeführten Versuch werden Elektronen durch ein Magnetfeld geschickt. Elektronen besitzen einen inneren Drehimpuls, den man Spin nennt und der in ihrem Fall lediglich die Werte +½ oder –½ in Bezug auf die Richtung des Magnetfelds annehmen kann. Je nach Orientierung des Elektronenspins werden die Teilchen unterschiedlich abgelenkt – etwa nach unten, wenn der Spin parallel zum Magnetfeld zeigt, oder nach oben, wenn der Spin antiparallel zum Magnetfeld orientiert ist. Dies lässt sich im Experiment durch ober- und unterhalb angebrachte Detektoren nachweisen...
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