Medizin: Ausgezeichnet: Narbenlose Wundheilung
Die europäische Wissenschaft ging in diesem Jahr an ein internationales Forscherteam, das ein neuartiges Material für den Verschluss von Wunden entwickeln will. Zu den Preisträgern gehören auch der Mediziner Björn Stark von der Universitätsklinik Freiburg und Jeffrey A. Hubbell vom Institut für Biomedizinische Technik der Universität Zürich und der ETH Zürich.
Mit dem neuen Wundverschluss könnte vielen Betroffenen erheblich besser geholfen werden: Opfer von Verbrennungen haben oft großflächige Hautwunden, die nur unter hässlicher Narbenbildung abheilen. Diabetiker und Patienten mit Venenleiden werden vielfach von chronisch offenen Hautstellen gepeinigt. Herzpatienten, denen künstliche Blutgefäße aus Kunststoff, so genannte Bypässe, eingesetzt wurden, müssen das Zuwachsen der neuen Gefäße befürchten. Denn in den künstlichen Röhren können sich Zellen ansiedeln, die sich dann ungehemmt vermehren. Durch das neue Material soll sich eine normale Gefäßwand bilden, in der keine unkontrollierte Zellteilung mehr stattfindet.
Die innovative Idee entstand durch eine erstaunliche Beobachtung: Verletzungen, die während einer Operation an Maus-Embryonen entstehen, heilen perfekt ohne Narbenbildung. Dasselbe trifft auch für menschliche Feten zu. Durch eingehende Untersuchung dieses Phänomens konnte die Beteiligung spezieller Wachstumsfaktoren an diesem Prozess nachgewiesen werden. Das sind Signalmoleküle, die der Körper bildet, um Vermehrung und Wachstum bestimmter Zellen anzuregen. Eingebettet in die Grundsubstanz Polyethylenglykol, einen gelartigen Kunststoff, sollen die Signalmoleküle künftig auch die Körperzellen eines erwachsenen Organismus anregen, sich selbst zu heilen, ohne dass Narben zurückbleiben. Dafür wird das Forscherteam Erkenntnisse aus Medizin, Biologie, Chemie und Materialforschung zusammenbringen: Stark gilt als führend auf dem Gebiet der Hautzellkulturen. Hubbell leitet die größte Gruppe für biomedizinische Materialforschung in Europa.
Die private Körber-Stiftung wurde 1984 von dem Unternehmer Kurt A. Körber ins Leben gerufen. Die Bezeichnung "Hamburger Nobelpreis", wie der Körber-Preis auch genannt wird, unterstreicht zwar seine Bedeutung, ist aber nicht sehr treffend. Denn während der Nobelpreis für Forschungsergebnisse verliehen wird, prämiert der Körber-Preis ein viel versprechendes Projekt. So soll die Verwirklichung zukunftsträchtiger wissenschaftlicher Ideen erleichtert werden.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 11 / 2002, Seite 101
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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