Spezial Management: Kundenbindung: Enttäuschte Liebe
Stellen Sie sich vor, Sie probieren ein neues Restaurant aus und ordern eine Suppe. Als sie serviert wird, ist sie bereits kalt. Sie lassen den Teller zurückgehen und bekommen ihn kurz darauf heiß zurück. Ein anderes Mal gehen Sie in Ihr Stammlokal, bestellen auch dort Suppe, und wieder haben Sie Pech: Sie ist ebenfalls kalt, und noch dazu hat der neue Kellner Sie beim Servieren bekleckert. Als Sie um ein Handtuch bitten, reagiert er unwirsch. Eine halbe Stunde später kommt er zurück – mit einer lauwarmen Suppe und einem schmutzigen Geschirrtuch.
Szenarien wie dieses schildern der Sozialpsychologe Jeff Joireman von der Washington State University und seine Kollegen, um eine für Dienstleister entscheidende Frage zu klären: Wann sind Kunden bereit, Servicemängel zu verzeihen? Im Fall der beiden Restaurants scheint die Antwort einfach: beim ersten! Doch der Psychologe argumentiert in seiner 2016 veröffentlichten Untersuchung anders. In der Stammkneipe gäbe es zwar mehrere Ärgernisse; der Gast habe also ein stärkeres Motiv, sich beim Chef zu beschweren oder gar Rache zu nehmen, indem er sein Erlebnis weitererzählt. Er sei aber auch eher bereit zu verzeihen, denn er habe etwas zu verlieren: eine langjährige Beziehung.
Laut Joireman geht es uns nicht nur um Mängel an der Ware oder einen materiellen Verlust, sondern um einen Schaden an der Beziehung – wir fühlen uns übervorteilt, sind verärgert und enttäuscht. Entscheidend ist, was wir für die Ursache des Versagens halten. Bei wiederholten oder schweren Fehlern schließen wir meist auf böse Absicht, etwa Profitgier, Gleichgültigkeit oder mangelnde Wertschätzung. Und wer einem Unternehmen lange Jahre treu war, empfindet das als besonders unfair oder als Verrat und sinnt nach Rache, um das Beziehungsgleichgewicht wiederherzustellen. ...
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben