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Spektrum-Essay: Bevor wir uns zu Tode siegen
Es wird Zeit für eine neue Einstellung zu den Mikrobengemeinschaften in und auf unserem Körper. Dieser Mikrokosmos wird erst jetzt richtig erforschbar.
Wer meint, der Mensch müsse im Umgang mit seinen Mitgeschöpfen ordentlich auftrumpfen, beruft sich zur Rechtfertigung gern immer noch auf die altehrwürdige Bibel, und zwar auf die Zeilen im ersten Buch Mose, Vers 28: "Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan." Aber nur wenige Verse später, im zweiten Buch Mose, artikulieren die Autoren der Genesis ein ganz anderes Verständnis von unserer Beziehung zu den Mitgeschöpfen: Adam wird in den Garten Eden gesetzt, "dass er ihn bebaute und bewahrte" (Vers 15). Und als letzte Tat, bevor ihm Eva an die Seite gestellt wird, gibt er – so Vers 20 – allen Geschöpfen Namen. Adam der Beherrscher hat sich in Adam den Gärtner und Adam den Taxonomen gewandelt, in einen Menschen, der für die Hege und Pflege der gesamten Schöpfung verantwortlich ist.
Zum Glück geht uns allmählich auf, wie töricht es ist, sich als Herrscher über diesen Planeten aufführen zu wollen. Dass wir Teil eines riesigen Netzwerks voller Wechselwirkungen sind, die das Leben auf Erden erhalten, haben wir inzwischen erkannt – auch wenn wir noch nicht immer gemäß dieser Einsicht handeln.
Zwar setzt sich endlich im kollektiven Bewusstsein durch, dass Umwelt- und Artenschutz nicht nur ein ethisches, sondern auch ein pragmatisches Gebot ist – doch scheint sich unsere ökologische Sensibilität nur auf Lebewesen zu erstrecken, die mit bloßem Auge sichtbar sind. Die Auflösungsgrenze des menschlichen Auges bietet freilich kein sinnvolles Kriterium zur Aufteilung der Biosphäre. Auch unsere Furcht vor allem Unsichtbaren ist mit den tatsächlichen biologischen Verhältnissen nicht zu rechtfertigen.
Der übermäßige Einsatz von desinfizierenden Mitteln und Antibiotika sowie der verbreitete Irrglaube, alle Mikroorganismen wären schädlich, zeugen von unserer Obsession, das Unsichtbare zu vernichten. In weiten Teilen der industrialisierten Welt und ganz besonders in den Vereinigten Staaten sind wir offenbar wild entschlossen, diesen Planeten mikrobenfrei zu machen. Werbe-, Pharma und Putzmittelbranche haben der Öffentlichkeit einzureden versucht, nur eine tote Mikrobe sei eine gute Mikrobe. Aber je besser wir die biologische Welt verstehen, desto unsinniger wirkt diese Perspektive...
Zum Glück geht uns allmählich auf, wie töricht es ist, sich als Herrscher über diesen Planeten aufführen zu wollen. Dass wir Teil eines riesigen Netzwerks voller Wechselwirkungen sind, die das Leben auf Erden erhalten, haben wir inzwischen erkannt – auch wenn wir noch nicht immer gemäß dieser Einsicht handeln.
Zwar setzt sich endlich im kollektiven Bewusstsein durch, dass Umwelt- und Artenschutz nicht nur ein ethisches, sondern auch ein pragmatisches Gebot ist – doch scheint sich unsere ökologische Sensibilität nur auf Lebewesen zu erstrecken, die mit bloßem Auge sichtbar sind. Die Auflösungsgrenze des menschlichen Auges bietet freilich kein sinnvolles Kriterium zur Aufteilung der Biosphäre. Auch unsere Furcht vor allem Unsichtbaren ist mit den tatsächlichen biologischen Verhältnissen nicht zu rechtfertigen.
Der übermäßige Einsatz von desinfizierenden Mitteln und Antibiotika sowie der verbreitete Irrglaube, alle Mikroorganismen wären schädlich, zeugen von unserer Obsession, das Unsichtbare zu vernichten. In weiten Teilen der industrialisierten Welt und ganz besonders in den Vereinigten Staaten sind wir offenbar wild entschlossen, diesen Planeten mikrobenfrei zu machen. Werbe-, Pharma und Putzmittelbranche haben der Öffentlichkeit einzureden versucht, nur eine tote Mikrobe sei eine gute Mikrobe. Aber je besser wir die biologische Welt verstehen, desto unsinniger wirkt diese Perspektive...
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