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Informatik: Big Brother mit Sehschwäche
Ob es den Datenkraken wirklich gibt, der die Datenspuren aller Menschen verfolgt und sie damit bis ins Letzte ausspioniert, bleibt das Geheimnis der Geheimdienste. Aber wenn er existiert, hat er die größten Schwierigkeiten, seine Dossiers in Ordnung zu halten.
Vor einigen Jahren kaufte ich mir auf dem Weg zum Flughafen bei Starbucks einen Latte macchiato, parkte meinen Wagen und bestieg ein Flugzeug nach Großbritannien. Acht Stunden später landete ich in Heathrow, kaufte mir eine Prepaidkarte für mein Handy und wollte gerade eine U-Bahn-Fahrkarte nach London bezahlen, als meine Kreditkarte mich im Stich ließ und jede weitere Mitarbeit verweigerte.
Erst nach meiner Rückkehr in die USA klärte sich das merkwürdige Versagen auf. Offenbar hatten die beiden Einkäufe in kurzer Folge an weit entfernten Stellen – Kaffee hier, Handykarte dort – im Computer meiner Kreditkartengesellschaft irgendein Programm zur Verhinderung von Betrug aktiviert. Dieses hatte dann versucht, mich anzurufen, nur meinen Anrufbeantworter erreicht und daraufhin meine Kreditkarte gesperrt.
Geärgert hat mich weniger der kriminalistische Übereifer des Computers als vielmehr seine Dämlichkeit. Ihm hätte doch klar sein müssen, wer da in England meine Karte benutzte, nämlich ich selbst. Er konnte doch wissen, wann und wohin ich geflogen war; schließlich hatte ich mein Flugticket mit derselben Karte bezahlt. Sollten alle diese Daten nicht miteinander verknüpft sein?
Die meisten Leute unterstellen vermutlich, sie seien es. Hollywoodfilme wie "Staatsfeind Nummer Eins" oder die "Jason-Bourne"-Trilogie haben in uns die Vorstellung gefestigt, geheime Organisationen hätten direkten Zugang zu allen Datenbanken, in denen wir registriert sind, und könnten mit wenigen Tastendrücken unser Leben in allen Einzelheiten nachverfolgen.
Mit der von Horst Herold, dem damaligen Präsidenten des deutschen Bundeskriminalamts, vorangetriebenen "Rasterfahndung" auf der Suche nach den Terroristen der RAF in den 1970er Jahren geriet das Thema erstmals in die öffentliche Diskussion. Seitdem tobt der Streit zwischen den Datensammlern und den Datenschützern. Erstere sehen in der "Datenfusion", dem Sammeln und Zusammenfassen von Daten der unterschiedlichsten Herkunft, nichts weiter als ein Mittel, um die Informationen, die man ohnehin hat, besser zu nutzen. In den Augen der Letzteren bedroht Datenfusion die Freiheit der Bürger, denn sie verwendet die Informationen zu anderen Zwecken als denen, die ihre Erfassung rechtfertigten. Genau das hat das deutsche Bundesverfassungsgericht mit seinem aus Anlass der Volkszählung 1983 formulierten Recht auf informationelle Selbstbestimmung für unzulässig erklärt.
Ähnlich kontrovers verlief die Diskussion in den USA. Zugleich mit einem Datenschutzgesetz (dem Privacy Act) verfügte der amerikanische Kongress 1974 die Schaffung einer Bundesbehörde, des Federal Parent Locator Service, der durch Datenfusion säumige Unterhaltsschuldner mitsamt deren Arbeitgebern – zur Gehaltspfändung – ausfindig macht und ihnen eine breite Palette öffentlicher Leistungen, insbesondere einen Reisepass, vorenthält.
Der Name "Datenfusion" erscheint in der Fachliteratur erstmals 1984 in zwei Artikeln aus der Forschungsabteilung des Waffen- und Raumflugzeugherstellers Lockheed Martin. Dabei sollten Informationen von Sensoren auf einem Schlachtfeld mit denen aus Datenbanken und anderen Quellen in Echtzeit ...
Erst nach meiner Rückkehr in die USA klärte sich das merkwürdige Versagen auf. Offenbar hatten die beiden Einkäufe in kurzer Folge an weit entfernten Stellen – Kaffee hier, Handykarte dort – im Computer meiner Kreditkartengesellschaft irgendein Programm zur Verhinderung von Betrug aktiviert. Dieses hatte dann versucht, mich anzurufen, nur meinen Anrufbeantworter erreicht und daraufhin meine Kreditkarte gesperrt.
Geärgert hat mich weniger der kriminalistische Übereifer des Computers als vielmehr seine Dämlichkeit. Ihm hätte doch klar sein müssen, wer da in England meine Karte benutzte, nämlich ich selbst. Er konnte doch wissen, wann und wohin ich geflogen war; schließlich hatte ich mein Flugticket mit derselben Karte bezahlt. Sollten alle diese Daten nicht miteinander verknüpft sein?
Die meisten Leute unterstellen vermutlich, sie seien es. Hollywoodfilme wie "Staatsfeind Nummer Eins" oder die "Jason-Bourne"-Trilogie haben in uns die Vorstellung gefestigt, geheime Organisationen hätten direkten Zugang zu allen Datenbanken, in denen wir registriert sind, und könnten mit wenigen Tastendrücken unser Leben in allen Einzelheiten nachverfolgen.
Mit der von Horst Herold, dem damaligen Präsidenten des deutschen Bundeskriminalamts, vorangetriebenen "Rasterfahndung" auf der Suche nach den Terroristen der RAF in den 1970er Jahren geriet das Thema erstmals in die öffentliche Diskussion. Seitdem tobt der Streit zwischen den Datensammlern und den Datenschützern. Erstere sehen in der "Datenfusion", dem Sammeln und Zusammenfassen von Daten der unterschiedlichsten Herkunft, nichts weiter als ein Mittel, um die Informationen, die man ohnehin hat, besser zu nutzen. In den Augen der Letzteren bedroht Datenfusion die Freiheit der Bürger, denn sie verwendet die Informationen zu anderen Zwecken als denen, die ihre Erfassung rechtfertigten. Genau das hat das deutsche Bundesverfassungsgericht mit seinem aus Anlass der Volkszählung 1983 formulierten Recht auf informationelle Selbstbestimmung für unzulässig erklärt.
Ähnlich kontrovers verlief die Diskussion in den USA. Zugleich mit einem Datenschutzgesetz (dem Privacy Act) verfügte der amerikanische Kongress 1974 die Schaffung einer Bundesbehörde, des Federal Parent Locator Service, der durch Datenfusion säumige Unterhaltsschuldner mitsamt deren Arbeitgebern – zur Gehaltspfändung – ausfindig macht und ihnen eine breite Palette öffentlicher Leistungen, insbesondere einen Reisepass, vorenthält.
Der Name "Datenfusion" erscheint in der Fachliteratur erstmals 1984 in zwei Artikeln aus der Forschungsabteilung des Waffen- und Raumflugzeugherstellers Lockheed Martin. Dabei sollten Informationen von Sensoren auf einem Schlachtfeld mit denen aus Datenbanken und anderen Quellen in Echtzeit ...
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