Hirnforschung: Biologie des Blackouts
Wer sich an amerikanischen Graduiertenschulen um einen Studienplatz für Medizin bewirbt, hat eine große Hürde vor sich. Er muss den Aufnahmetest bestehen: ein fünfstündiges Bombardement mit hunderten Fragen, die auch gut vorbereitete Bewerber verwirren und entnerven. Der enorme Prüfungsdruck führt bei einigen Teilnehmern dazu, dass ihre Denkfähigkeit nachlässt oder vorübergehend sogar ganz aussetzt. Es kommt bei ihnen zu einer geistigen Blockade, einem "Blackout", "Filmriss" oder "Totalaussetzer".
Diesen Zustand kennen freilich nicht nur angehende Medizinstudenten. Wir alle haben ihn wohl schon einmal erlebt. Er ereilt uns etwa, wenn wir eine Rede vor großem Publikum vermasseln, mit einer Schreibblockade kämpfen oder im Bewerbungsgespräch eine Frage partout nicht verstehen. Ganz zu schweigen von extremen Stresssituationen, etwa wenn Infanteristen an vorderster Front in ein Feuergefecht verwickelt werden. Lange Zeit galt als weit gehend geklärt, was dabei im Kopf vor sich geht. In den zurückliegenden Jahren haben Forscher jedoch viele neue Erkenntnisse über die physiologischen Folgen von Stressbelastungen gewonnen. Demnach kann psychischer Druck die Hirnzentren, die in Primaten am weitesten entwickelt sind, völlig lahmlegen – und damit auch die dort sitzenden geistigen Fähigkeiten.
Der etablierten Lehrmeinung zufolge reagiert vor allem der Hypothalamus, eine evolutionär alte Region im Zwischenhirn, auf Stress. In stark belastenden Situationen, heißt es, veranlasse er die Hypophyse (eine Hormondrüse im Kopf) und die Nebennieren dazu, Hormone auszuschütten. Diese Signalstoffe erhöhten dann die Herzfrequenz, steigerten den Blutdruck und verminderten den Appetit ...
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