Editorial: Blick in die Ferne
Ich habe mich an dieser Stelle schon einige Male als Sciencefiction-Fan geoutet. Ein besonderes Faible habe ich dabei für Autoren wie Arthur C. Clarke, Hal Clement oder Robert Heinlein. In jener »klassischen« Ära des Genres standen oft auch künftige technische Entwicklungen im Fokus der Erzählung, etwa zur Raumfahrt. Entsprechend interessiert habe ich den Artikel ab S. 74 über futuristische Raketenantriebe gelesen. Denn mit den herkömmlichen Methoden, die alle auf mitgeführte Treibstoffe angewiesen sind, werden wir nur schwer das äußere Sonnensystem erkunden können, geschweige denn darüber hinaus in den interstellaren Raum gelangen.
Natürlich kann man fragen, warum wir dieses Ziel überhaupt verfolgen sollten. Müssten die Menschen nicht eher alle Kräfte darauf bündeln, die vielen aktuellen Probleme auf der Erde lösen, statt den Blick in ferne Weiten schweifen zu lassen? Der Gedanke wirkt erst einmal überzeugend. Aber dann fällt mir dazu ein weiterer SF-Klassiker ein: »Das Ende der Ewigkeit« von Issac Asimov. Hier greift eine Zeitreise-Organisation immer wieder in bester Absicht minimalinvasiv in die Abläufe der Geschichte ein, um Katastrophen abzuwenden und Risiken zu mindern. Das führt jedoch dazu, dass die Menschen die durchaus riskante interstellare Raumfahrt erst angehen, als es zu spät ist, weil andere intelligente Lebensformen inzwischen die gesamte Galaxie besiedelt haben. Die Menschheit, eingesperrt auf dem Planeten Erde, stirbt nicht wegen Ressourcenknappheit oder Nuklearkriegen aus, sondern auf Grund kollektiver Depression wegen fehlender Zukunftsperspektiven. Vielleicht müssten wir also ab und zu über den näheren und mittleren zeitlichen Horizont hinwegblicken und uns fragen, wohin unsere Reise langfristig gehen soll.
Andere Visionäre richten ihren Fokus statt nach oben ins Weltall nach unten in die Tiefsee. Seit einigen Jahren konkretisieren sich die Planungen zum Abbau wertvoller Rohstoffe wie Manganknollen oder Sulfiderzen im Umfeld heißer Quellen. Das würde Metalle liefern, die etwa für zukünftige Elektroautos benötigt werden. In unserem Interview beschreiben Carsten Rühlemann und Ulrich Schwarz-Schampera von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe ab S. 52 den aktuellen Stand der Dinge. Unklar ist bis heute, wie sich der Tiefseebergbau auf die dortigen Ökosysteme auswirkt und ob die bislang vorgesehenen Schutzgebiete ausreichen. Hier gibt es also noch einige Forschungsarbeit zu leisten, damit wir sicherstellen können, dass die betroffenen Biotope keine irreparablen Schäden davontragen. Auch bei diesem Thema ist Weitsicht angesagt!
Eine erhellende Lektüre wünscht
Hartwig Hanser
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