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Chronobiologie: Verschlafene Jugendliche

Die innere Uhr tickt in der Pubertät offenbar anders. So werden Teenager oft erst nach Mitternacht müde und fühlen sich morgens nicht fit. Woran liegt das?
Frau mit Wecker auf dem Kopf

Wieder gibt es Streit, wie jedes Wochenende. Es ist Samstag, 14 Uhr, und der 15-jährige Luis (Name geändert) liegt zum Ärger seiner Eltern immer noch wie erschlagen im Bett. Kein Wunder, sagt seine Mutter. Im Lauf der Schulwoche hat er ein erhebliches Schlafdefizit angesammelt. Vor ein, mitunter auch zwei Uhr nachts schläft er selten ein. Früher werde er nun einmal nicht müde, erklärt Luis. Doch fünf, maximal sechs Stunden Schlaf unter der Woche sind zu wenig. Morgens hilft alles Schimpfen nichts, der Neuntklässler ist einfach nicht wach zu bekommen. Meist wälzt er sich dann in letzter Minute aus dem Bett: »Mama, bringst du mich mit dem Auto zur Schule? Sonst komme ich eben zu spät …« Am Nachmittag schläft Luis oft nochmals für ein bis zwei Stunden ein. Erst am Abend läuft er zu Hochform auf, macht Hausaufgaben, lernt ein bisschen für die am nächsten Tag anstehende Klassenarbeit, chattet mit Freunden. Um 23 Uhr ist er dann hellwach: Jetzt ist die perfekte Zeit, um mit den Eltern über das Leben zu diskutieren – findet er. Die sind allerdings seit halb sieben auf Achse und bettreif.

Es kriselt in der Familie. Die Mutter ist der Meinung, es gehöre ein abendliches oder mindestens nächtliches Medienverbot her. Sie macht sich Sorgen um Luis’ Schulnoten, noch mehr aber um seine Gesundheit. Der Vater dagegen ist überzeugt, die Einsicht müsse von Luis selbst kommen. Das Wichtigste sei, in der schwierigen Phase der Pubertät die gute Beziehung zum Sohn aufrechtzuerhalten. Was ist mit Luis los? Ist sein chaotisch anmutender Schlafrhythmus nur eine Folge fehlender Disziplin, wie seine Großeltern behaupten? Hat er körperliche Ursachen – oder liegt es an der Nutzung der elektronischen Medien? …

CaReTeens Studie: Jugendliche als Versuchspersonen gesucht!

Das Zentrum für Chronobiologie in Basel sucht aktuell 14-17 Jahre alte Personen, die bereit sind, zweimal im Abstand von einer Woche für drei Tage entweder nur 6 Stunden oder 9,5 Stunden zu schlafen. Am Abend des dritten Tages werden die Teilnehmenden gebeten, im Schlaflabor eine Kapsel (Koffein oder Placebo) einzunehmen, verschiedene Tests und Fragebögen zu absolvieren und dort eine Nacht zu schlafen. Am nächsten Tag erfolgt noch eine Messung der Hirnaktivität.

Weitere Informationen zur Studienteilnahme hier.

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