Covid-19: Unerklärlich müde
In meiner Praxis saß mir im November 2020 ein junger Mann gegenüber. Er war 28 Jahre alt, sportlich und schlank, und auf den ersten Blick wirkte er gesund. Im Februar war er Skilaufen gewesen, und im März hatte er sich angeschlagen gefühlt; er entwickelte einen leichten Husten, und seine Temperatur war erhöht. Zugleich konnte er plötzlich nicht mehr riechen und schmecken. Das Unwohlsein klang innerhalb von zwei Wochen ab, der Geruchssinn kam nach vier Wochen allmählich zurück. Doch er war weiterhin nicht in der Lage, in seinen fordernden Beruf als IT-Fachmann zurückzukehren. Ständig war er müde und erschöpft. Ihm fehlte die Konzentration, eine Stunde oder länger durchgehend am Bildschirm zu arbeiten. Zudem litt er unter Kopf- und Muskelschmerzen. Vor dem ersten Lockdown hatte er jede Woche im Fitnessstudio trainiert, regelmäßig Tennis gespielt und häufig gejoggt. Jetzt klagte er darüber, dass er nicht fähig war, auch nur irgendeiner sportlichen Betätigung nachzugehen.
Etwa vier Wochen nach seinen ersten Symptomen waren bei einem Bluttest Antikörper gegen Sars-CoV-2 nachgewiesen worden – er hatte also eine Infektion mit dem neuen Coronavirus durchgemacht, und sein Immunsystem hatte eine Abwehr gegen den Erreger aufgebaut. Ein Abstrich aus dem Rachenraum hatte zu diesem Zeitpunkt keine Viren detektiert, er war folglich nicht mehr akut an Covid-19 erkrankt. Über ein halbes Jahr später war er weiterhin krankgeschrieben. Er sah sich noch nicht in der Lage, seinen Beruf wieder aufzunehmen. Wie konnte man ihm helfen? Und was verbarg sich hinter der abnormen Erschöpfung, die ihm so zu schaffen machte?…
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