Selbstverletzungen: Dämpfer fürs Gefühlschaos
"Alles dreht sich in meinem Kopf. Die Gedanken überschlagen sich, und die Gefühle sind so stark, dass ich fast zerspringe. Ich halte die Spannung nicht mehr aus. Ich ziehe die Vorhänge zu, stelle meine Lieblingsmusik an, setze mich aufs Sofa und lege Taschentücher, Kompressen und eine Mullbinde bereit. Ich nehme eine Rasierklinge aus der Packung, setze sie auf meinem Arm auf und schließe die Augen. Ich drücke auf die Klinge, spüre, wie sie in meine Haut fährt, aber es ist kein Schmerz da. Dann ziehe ich sie langsam nach unten. Als ich die Augen öffne, sehe ich das rote Blut über meine Haut strömen und werde ruhiger. Langsam fange ich an, den Schmerz wahrzunehmen, in meinem Kopf wird es klarer, die Gedanken ordnen sich wieder. Meine Anspannung nimmt langsam ab."
Diese kurze Schilderung einer Patientin mit Borderline-Persönlichkeitsstörung enthält typische Merkmale von Selbstverletzungen: die hohe Anspannung davor, die reduzierte Schmerzwahrnehmung und die Entspannung danach, verbunden mit einem verspäteten Auftreten von Schmerzempfinden. Die meisten Betroffenen schneiden sich zum Beispiel mit einer Rasierklinge, andere verbrennen sich die Haut mit einer Zigarette oder schlagen mit dem Kopf gegen die Wand.
Fast alle Borderlinepatienten zeigen zumindest gelegentlich solche Verhaltensweisen. Selbstverletzungen treten aber auch bei anderen Erkrankungen wie Depressionen, Essstörungen und der Posttraumatischen Belastungsstörung auf, und in manchen Fällen liegt auch gar keine psychiatrische Erkrankung vor. Betroffen sind überwiegend Mädchen und junge Frauen, vermutlich weil sie anders als Männer negative Gefühle eher gegen sich selbst richten.
Warum fügen Menschen ihrem Körper Schaden zu? ...
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