Medizin: Darmbakterien gegen Krebs
Im Jahr 2015 erlangte Bertrand Routy zweifelhafte Berühmtheit unter den Pariser Krebsmedizinern. Als Doktorand am Gustave-Roussy-Krebszentrum suchte er eine Klinik nach der anderen auf, um Stuhlproben von Patienten zu erbitten, die eine Krebstherapie hinter sich hatten. »Die Ärzte verspotteten mich und nannten mich Monsieur Kacka«, erinnert sich Routy.
Doch das Gelächter verebbte, als Routy und seine Mitarbeiter das Ergebnis ihrer Arbeit publizierten: Belege dafür, dass bestimmte Darmbakterien die Wirkung einer Krebsbehandlung verbessern. Nun wollen die gleichen Mediziner, die sich einst lustig machten, unbedingt Stuhlproben ihrer Patienten untersuchen lassen, um Hinweise darauf zu bekommen, wer voraussichtlich auf die geplante Behandlung ansprechen wird. »Unsere Daten haben einigen Kollegen die Augen geöffnet, die zuvor nicht glauben wollten, dass Darmbakterien die Effekte einer Tumortherapie beeinflussen«, berichtet Routy, der inzwischen am University of Montreal Health Centre in Kanada arbeitet.
In den zurückliegenden Jahrzehnten haben revolutionäre Erkenntnisse über die Bedeutung des menschlichen Mikrobioms (also der Gesamtheit der Mikroben, die den Menschen besiedeln) die Biomedizin gründlich umgekrempelt. Forscher erkannten Zusammenhänge zwischen der Darmflora und dutzenden Erkrankungen, von Depression bis Fettleibigkeit. In der Krebsmedizin kam diese Revolution erst ziemlich spät an. Immerhin liegen mittlerweile einige Hinweise darauf vor, dass das Mikrobiom Tumorerkrankungen mitverursachen kann ...
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