Physik: Das flüchtigste aller Teilchen
2010 hielten wir beide einen Vortrag auf einer großen Fachkonferenz in Athen, den viele unserer Kollegen sehnsüchtig erwarteten. Sie gingen davon aus, dass wir hier in einer alten Kontroverse klein beigeben würden: 1996 hatten wir mit Daten eines von uns gebauten Detektors namens LSND (Liquid Scintillator Neutrino Detector) die Lehrmeinung in Frage gestellt, laut der es nur drei Varianten von Neutrinos gibt. Unseren Messungen zufolge sollte jedoch noch eine vierte Art der extrem flüchtigen Elementarteilchen existieren.
Viele andere Physiker waren skeptisch, da konkurrierende Experimente in der Zwischenzeit zu einem anderen Ergebnis gekommen waren. Und so dachten unsere Zuhörer auf der Konferenz in Athen, dass wir nun von unserer Interpretation abrücken würden. Zur allgemeinen Überraschung taten wir jedoch nichts dergleichen. Die Ergebnisse, die wir vorstellten, lieferten aus unserer Sicht noch stärkere Indizien für ein viertes Neutrino.
Sie stammten vom MiniBooNE-Detektor (Mini Booster Neutrino Experiment), den wir 2002 am Fermilab bei Chicago in Betrieb genommen hatten, um die Fährte von LSND weiterzuverfolgen. Die Daten sprachen aus unserer Sicht klar dafür, dass die Teilchenphysiker etwas Entscheidendes übersehen. Die plausibelste Erklärung war ein »steriles« Neutrino, das nur mittels der Schwerkraft mit der restlichen uns bekannten Materie interagiert. Damit wäre es noch schwerer zu greifen als die Mitglieder der drei bekannten Neutrino-Familien, die immerhin mittels der schwachen Wechselwirkung an Atomkernen rütteln …
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