Psychodiagnostik: Das Geheimnis der Tintenkleckse
Ein Forscherteam glaubt, das Rätsel um die berühmten Rorschach-Bilder gelüftet zu haben. Der Psychoanalytiker Hermann Rorschach entwickelte sie 1921, um die seelische Gesundheit seiner Patienten zu ergründen. Menschen fühlen sich von ihnen an unterschiedliche Objekte erinnert; bei manchen Motiven sind sogar bis zu 300 verschiedene Deutungen bekannt. Laut Forschern um Richard Taylor von der University of Oregon liegt das an der Form der Kleckse: Offenbar wecken sie dann besonders viele Assoziationen, wenn ihr Rand einen eher geringen Grad an Komplexität aufweist.
Die Struktur der Tintenkleckse lässt sich mit so genannten Fraktalen beschreiben – Formen, die sich wiederholen, wenn man den Rand eines Objekts vergrößert. Wissenschaftler glauben, dass Wolken und andere Naturformen vor allem dann unsere Fantasie anregen, wenn sie nur schwache fraktale Merkmale aufweisen. Das gelte auch für die Rorschach-Bilder, schreiben Taylor und Kollegen. Sie analysierten die fraktale Komplexität am Rand der zehn historischen Tintenkleckse. Anschließend verglichen sie die Ergebnisse mit Aufzeichnungen aus den 1930er und 1950er Jahren dazu, wie viele unterschiedliche Objekte die befragten Patienten zu den zehn Rorschach-Figuren nannten.
Dabei entdeckten die Forscher, dass Kleckse, deren Rand weniger zerklüftet ist, die meisten verschiedenen Deutungen erhielten. Das offenbarte auch ein Experiment, bei dem die Wissenschaftler einen Computeralgorithmus neue Rorschach-Formen erstellen ließen und sie anschließend 23 Psychologiestudenten zeigten. Auch diese erkannten umso mehr verschiedene Objekte in einer Rorschach-Form, je glatter deren Oberfläche war.
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