Vegetarismus: Das Mitgefühl macht den Unterschied
Ein typischer Grillabend bei Robert und Christina: Über der glühenden Kohle brutzeln Rostbratwürste und Gemüsespieße – fein säuberlich voneinander getrennt. "Fleisch gehört für mich zu einer richtigen Mahlzeit einfach dazu. Nur Grünzeug essen wie Christina, das könnte ich nicht", sagt Robert, während er Ketchup über seine Bratwurst kippt und den Teller mit einem Salatblatt garniert. "Alles eine Frage des Willens", kontert Christina. "Du hast es schließlich noch gar nicht ausprobiert. Hey, meine Spieße bitte nicht mit der Fleischzange umdrehen!"
Eigentlich sind die beiden ein glückliches Paar. Doch beim Essen kommt es immer wieder zu Streitereien: Robert ist überzeugter Fleischesser, Christina ebenso überzeugte Vegetarierin. Bereits als Kind verweigerte die heute 28-Jährige tierische Kost – sehr zum Leidwesen ihrer Eltern, die ihrer Tochter "vorpubertäre Aufsässigkeit" unterstellten.
Ganz Unrecht hatten sie vielleicht nicht. Vegetarier schwimmen gern gegen den Strom – das war schon Mitte des 19. Jahrhunderts so. Im Rahmen der Reformbewegung, die die Industrialisierung und die zunehmende Verstädterung kritisierte und eine naturnahe Lebensweise propagierte, entstanden die ersten Vegetariervereine. "Die fleischlose Ernährung war Teil der damaligen Ideologie", berichtet Sebastian Zösch, Geschäftsführer beim Vegetarierbund Deutschland, den es seit 1892 gibt. So hätten die Anhänger der Bewegung häufig auch auf Genussmittel wie Zigaretten und Alkohol verzichtet. "Zudem spielten ethische Argumente damals bereits eine Rolle."
Dennoch: Heute essen 85 Prozent der Deutschen täglich oder nahezu täglich Fleisch und Wurst, und in Restaurants bestellen die meisten ein Fleischgericht ...
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