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Psychiatrie: Das Rätsel Schizophrenie

Eine Krankheit wird entschlüsselt
C. H. Beck, München 2000. 415 Seiten, DM 44,–


Heinz Häfner, emeritierter Professor für Psychiatrie an der Universität Heidelberg, ist einer der erfahrensten Schizophrenieforscher in Deutschland. Er leitete die Arbeitsgruppe "Schizophrenie-Forschung" am Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit und fand mit seiner Arbeit weltweit Anerkennung.

Häfner berichtet aus seinem Erfahrungsschatz über "das Rätsel Schizophrenie", und sein Bemühen, "das gegenwärtige Wissen möglichst umfassend und gleichwohl verständlich aufzubereiten", ist ihm in hervorragender Weise gelungen. In 18 Kapiteln, denen jeweils eine überschaubare Zahl weiterführender Literaturhinweise zugeordnet sind, behandelt er eine Fülle von Aspekten dieser zwar relativ seltenen, aber im Hinblick auf die Schwere der Beeinträchtigung außerordentlich bedeutsamen Erkrankung: Auf einer Skala, welche die Einschränkung an Lebensqualität durch Erkrankungen zu erfassen sucht, steht sie hinter der Depression, dem Alkoholismus und den Folgezuständen nach Verkehrsunfällen an vierter Stelle.

Häfners Darstellung beginnt mit einer Geschichte der Schizophrenie, leitet über zum Erleben und Verhalten in der Krankheit, betont die Bedeutung von Risikofaktoren und frühen Zeichen der Krankheit, beschreibt den Verlauf der Erkrankung, ihr Stigma in der Öffentlichkeit, die Begleit- und Folgeerkrankungen und erörtert ausführlich die Ursachen und Risikofaktoren sowie die wesentlichen Aspekte von Vorbeugung, Behandlung und Rehabilitation. Auch den Kosten der Krankheit, dem Fragenkomplex "Schizophrenie und Gewalttätigkeit" sowie der Kunst Schizophrener widmet er jeweils ein eigenes Kapitel.

Heinz Häfner möchte – so die Einleitung – den Menschen, "die an einer der vielen Formen der unter dem traditionellen Namen Schizophrenie zusammengefassten psychischen Störungsmuster leiden", Wissen vermitteln und damit "Zugang zu bewusster Behandlungspartnerschaft" eröffnen. Ich denke, die meisten Menschen dieses Personenkreises wird das Buch überfordern. Aber ich würde es sehr begrüßen, wenn dieses Buch eine Standardlektüre für Psychiater und Psychologen, Ärzte und Therapeuten und gegebenenfalls auch für einige Angehörige und sonstige Helfer werden würde. Denn in einer Zeit, in der die einfachen Modelle und die entsprechenden Lösungen hohe Konjunktur haben, ist dieses Buch eine ebenso schwierige wie wohltuende Lektüre. Hier ist nicht der große Vereinfacher am Werk. Vielmehr mutet Häfner dem Leser zu, Widersprüche und Unklarheiten auszuhalten, und regt ihn an, sich um ein differenziertes Verständnis dieser trotz unendlich vieler Forschungsergebnisse letztlich immer noch rätselhaften Erkrankung zu bemühen.

Häfners Buch ist keines, das man von Seite 1 bis Seite 408 liest und dann zufrieden in den Bücherschrank stellt. Vielmehr wird man es zumindest auch als Nachschlagewerk benutzen, wenn man mit dem einen oder anderen Aspekt dieser Krankheit besonders befasst ist. Insofern kommt dem Sachregister große Bedeutung zu, dessen Ausarbeitung ich mir für eine der folgenden Auflagen noch etwas präziser und detaillierter wünschen würde. Zudem schiene mir ein fester Einband für dieses Buch, das ich sicher häufiger in die Hand nehmen werde, kein übertriebener Aufwand.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 7 / 2001, Seite 110
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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