Genetik: Dem Orchideenkind auf der Spur
Wissenschaftliche Abhandlungen sind normalerweise angefüllt mit Statistiken und Fachbegriffen. Umso schöner ist es, in einem sonst knochentrockenen Bericht auf ein Quäntchen Poesie zu stoßen – so wie bei der nüchtern mit "Biological sensitivity to context" (zu Deutsch: biologische Kontextabhängigkeit) betitelten Publikation, die 2005 im Magazin "Development and Psychopathology" erschien. Die Autoren Thomas Boyce von der University of California in Berkeley und Bruce Ellis von der University of Arizona in Tucson entlehnten darin einen Begriff aus dem Schwedischen, um ein neues genetisches Konzept zu beschreiben: "orkidebarn".
"Orkidebarn" heißt Orchideenkind – im Gegensatz zum "maskrosbarn" oder Löwenzahnkind. Wie Boyce und Ellis erklären, besitzen Löwenzahnkinder die Fähigkeit, selbst unter widrigen Umständen zu überleben, ja sogar zu gedeihen. Sie sind psychologisch außerordentlich belastbar (siehe auch G&G 3/2010, S. 51). Die Psyche der Orchideenkinder dagegen hängt in weit größerem Maß von ihrer Umwelt ab – insbesondere von der elterlichen Zuwendung. Vernachlässigte Orchideenkinder verkümmern; doch bei entsprechender Förderung blühen sie regelrecht auf. In den poetischen Worten der Forscher entwickeln sich Orchideenkinder zu "filigranen und wunderschönen Blumen".
Für viele Genetiker und Entwicklungspsychologen war das Konzept des Orchideenkinds eine Überraschung ...
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