Neurologie: Depressionen an der Wurzel packen
"Ich empfinde plötzlich Frieden", sagte die Patientin im Behandlungsraum – nur wenige Sekunden, nachdem einer von uns (Lozano) damit begonnen hatte, eine tief in ihrem Gehirn liegende Region elektrisch zu stimulieren. Die Frau mittleren Alters hatte bis dahin an schwerer Depression gelitten. Als wir ihr im Jahr 2003 im Toronto Western Hospital (Kanada) Elektroden ins Gehirn implantierten, hatten wir sie nur lokal betäubt, so dass sie bei Bewusstsein blieb und mit uns sprechen konnte.
Während wir nun langsam den Stromfluss über die Elektroden erhöhten, fragten wir unsere Patientin, ob sie eine Veränderung spüre. Zu unserer Überraschung sagte sie, der Raum, der ihr bis dahin schwarz-weiß erschienen sei, werde plötzlich bunt – als sei ein Lichtschalter umgelegt worden, der ihre Stimmung augenblicklich aufhellte.
Dieser bemerkenswerte Test war der erste von vielen, die in ein neues Behandlungsverfahren gegen depressive Erkrankungen mündeten: die tiefe Hirnstimulation, die bereits bei anderen Störungen wie der Parkinsonkrankheit eingesetzt wird. An neuen Therapiemethoden gegen Depression besteht großer Bedarf. Etwa 17 Prozent der US-Bevölkerung erleiden irgendwann in ihrem Leben einen oder mehrere Schübe einer unipolaren Depression (einer Depression ohne manische Episoden). Nach aktuellen Erhebungen sind in den USA derzeit etwa acht Prozent der Frauen und fünf Prozent der Männer davon betroffen. Aus Deutschland meldet das Robert Koch-Institut ähnliche Zahlen: zehn Prozent bei den Frauen, sechs Prozent bei den Männern ...
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