Der Ein-Atom-Mikrolaser
In einem Laser verhalten sich die Atome ähnlich wie Zuschauer bei einem Hallensportereignis, die man durch den Anpfiff in höchste Spannung versetzt hat: Beim kleinsten Anlaß bricht die Menge in laute Rufe aus, jeder wiederholt die der anderen, und rasch füllt sich der Raum mit rhythmischem Geschrei, das sich durch Wiederholung und Widerhall immer mehr verstärkt.
Kürzlich haben nun die Forscher Kyungwon An, James J. Child, Ramachandra R. Dasari und Michael S. Feld vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge erstmals einen Laser konstruiert, dessen Medium praktisch aus nur einem Atom besteht ("Physical Review Letters", Band 73, Seiten 3375 bis 3378, 19. Dezember 1994). Das würde, um im Bild zu bleiben, einem Sportenthusiasten entsprechen, der allein einer Fernsehübertragung folgt und durch den Hall der eigenen Zurufe außer sich gerät.
Der Quantenelektrodynamik zufolge können zwar selbst zwischen einem einzelnen angeregten Atom und den Vakuumfluktuationen in einem verspiegelten Hohlraum Resonanzphänomene auftreten, doch diesen Effekt praktisch zu demonstrieren ist ungeheuer schwer (siehe Spektrum der Wissenschaft, Juni 1993, Seite 48). Damit dies gelang, mußten die MIT-Forscher nicht nur die einzeln ankommenden Barium-Atome zunächst mit einem enorm frequenzgenauen Pumplaser zuverlässig anregen (die Pumpfrequenz durfte nur um ein Zehnmilliardstel vom Idealwert abweichen), sondern vor allem den Atomen danach einen auf eine millionstel Wellenlänge exakten Resonanzhohlraum bieten.
Als Resonator dienten zwei Konvexspiegel im Abstand von rund einem Millimeter. Damit diese Entfernung praktisch absolut konstant blieb, korrigierte ein Rückkopplungssystem aus hochempfindlichen Sensoren und piezoelektrischen Abstandshaltern in Millionstelsekundenschnelle jede Abweichung, die durch äußere Erschütterungen entstehen konnte.
Selbst wenn der Bariumstrahl derart schwach eingestellt wurde, daß sich im Mittel nur noch weniger als ein Atom im Hohlraum aufhielt, ließ sich das für diesen Mikrolaser typische Signal bei 791 Nanometern Wellenlänge nachweisen wobei unterhalb eines halben Atoms im Resonator weniger als ein Photon oszilliert.
Außer einer direkten Bestätigung der Quantenelektrodynamik verspricht das Gerät verfeinerte Tests der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation (Spektrum der Wissenschaft, Januar 1995, Seite 23). Ein praktisches Fernziel wären Verfahren, das Rauschen bei optischer Datenübertragung praktisch völlig zu unterdrücken.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 5 / 1995, Seite 17
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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