Winters' Nachschlag: Der Schlaf der Erkenntnis
Glücklich die Paare, deren innere Uhren gleich ticken.
Ich bin Frühaufsteher. Meine Freundin nicht. Bei anderen Paaren endeten solche Differenzen schon in Verzweiflung und endlosen Streits. Daher kam mir der Artikel von Thomas Kantermann ab S. 50 dieser Ausgabe wie gerufen: Wenn ich erst unsere biologischen Rhythmen wissenschaftlich exakt erforscht hätte, so meine Annahme, könnte ich die für unsere Beziehung optimalen Schlafens- und Aufstehzeiten berechnen. Also startete ich kurzerhand einen Selbstversuch, dessen Protokoll ich hier ungekürzt vorlege.
Samstag, 5. Februar, 22.00 Uhr. Habe das Schlafzimmer komplett abgedunkelt, um zunächst J.s und meinen natürlichen Chronotyp festzustellen. Wann werden wir aufwachen?
Sonntag, 6. Februar, 02.30 Uhr. Bei Tagesanbruch könnte Licht durch den Türspalt fallen! Nachdem ich unseren Zugluft-Dackel außen vor den Spalt drapiert habe, fällt es mir schwer, wieder einzuschlafen.
Sonntag, 6. Februar, 04.47 Uhr. Werde unsanft durch einen dumpfen Knall und lautes Fluchen geweckt. J. ist auf dem Weg zur Toilette über den Dackel gestürzt. Muss mich morgen um Schallisolierung des Schlafzimmers kümmern.
Sonntag, 6. Februar, 09.30 Uhr. Beim Frühstück klagt J. über Kopf- und Knieschmerzen, sie wirkt aggressiv. Sind das bereits erste Folgen der biologischen Phasenverschiebung?
Sonntag, 6. Februar, 18.00 Uhr. Ich ziehe zwei Sonnenbrillen übereinander an, um die Melatoninproduktion in meinem suprachiasmatischen Nukleus anzukurbeln. Das erschwert die Dämmarbeiten im Schlafzimmer. Beim Anbringen der Eierkartons zwecks Schallisolation schieße ich mir eine Tackernadel in den Zeigefinger. J. bringt mich ins Krankenhaus.
Sonntag, 6. Februar, 20.15 Uhr. Ich versuche, die grelle, künstliche Beleuchtung des Krankenhausflurs auszublenden, indem ich mir einen Schal vor die Augen binde. J. reißt ihn mir unsanft vom Kopf. Sie scheint dem Experiment gegenüber immer negativer eingestellt. Ich erkläre ihr, dass die Synchronisation ihrer inneren Uhr Zeit brauche. Sie sagt, ich habe ihren Krimiabend ruiniert. Den Hinweis auf die schlafstörende Wirkung von Fernsehkonsum verkneife ich mir.
Montag, 7. Februar, 5.00 Uhr. Mein selbst gebauter Dämmerungswecker (langsames Hochdimmen einer Tageslichtlampe bei gleichzeitig lauter werdendem Vogelgezwitscher vom Band) ist noch nicht ausgereift. Als es schlagartig gleißend hell wird und ein ohrenbetäubender Rohrdommelruf ertönt, schreckt J. aus dem Schlaf und schlägt mit dem Kopf unglücklich gegen die Videokamera, die ich zur Dokumentation unserer Schlafphasen über dem Bett installiert habe. Meine chronobiologisch fundierte Beantwortung der Frage, warum man "an einem scheißnormalen Montag" um fünf Uhr aufstehen solle, quittiert sie mit völliger Fassungslosigkeit.
Montag, 7. Februar, 10.00 Uhr. Wegen des Tackerunfalls kann ich nicht arbeiten. Ich nutze die Zeit, um zu Hause die nächste Stufe des Experiments vorzubereiten.
Montag, 7. Februar, 20.00 Uhr. Alle Uhren im Haus sind um zwölf Stunden vorgestellt, im TV läuft das Morgenmagazin auf Video. Die Forschungsfrage: Wie gut können sich J.s und meine biologische Uhr an eine veränderte "soziale Außenzeit" anpassen?
Montag, 7. Februar, 20.30 Uhr. J. kommt erschöpft von der Arbeit. Trotz des vom Versuchsleiter liebevoll zubereiteten Frühstücks reagiert sie gereizt. Auf dem Höhepunkt unserer Auseinandersetzung klingelt unser Nachbar und möchte wissen, wann ich die Flutlichtlampen im Garten abschalte. Ich kann so nicht experimentieren!
Dienstag, 8. Februar, 3.35 Uhr. Auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass J. mich aus wissenschaftlichen Motiven in ein Hotel geschickt hat, kann ich mich hier doch konzentrierter meinen Studien widmen. Mein Tag-Nacht-Rhythmus ist allerdings nun gestört, ich kann nicht schlafen. Beschließe, die Wirkung von gedämpftem Hotelbarlicht auf den zirkadianen Takt zu ermitteln.
Dienstag, 8. Februar, 7.10 Uhr. Interessante Erkenntnis. Sehr interessant! Schreibe ich morgen auf. In meinem jetzigen chroino-boiologischen Zustand bin ich dafür zu erschö...
Samstag, 5. Februar, 22.00 Uhr. Habe das Schlafzimmer komplett abgedunkelt, um zunächst J.s und meinen natürlichen Chronotyp festzustellen. Wann werden wir aufwachen?
Sonntag, 6. Februar, 02.30 Uhr. Bei Tagesanbruch könnte Licht durch den Türspalt fallen! Nachdem ich unseren Zugluft-Dackel außen vor den Spalt drapiert habe, fällt es mir schwer, wieder einzuschlafen.
Sonntag, 6. Februar, 04.47 Uhr. Werde unsanft durch einen dumpfen Knall und lautes Fluchen geweckt. J. ist auf dem Weg zur Toilette über den Dackel gestürzt. Muss mich morgen um Schallisolierung des Schlafzimmers kümmern.
Sonntag, 6. Februar, 09.30 Uhr. Beim Frühstück klagt J. über Kopf- und Knieschmerzen, sie wirkt aggressiv. Sind das bereits erste Folgen der biologischen Phasenverschiebung?
Sonntag, 6. Februar, 18.00 Uhr. Ich ziehe zwei Sonnenbrillen übereinander an, um die Melatoninproduktion in meinem suprachiasmatischen Nukleus anzukurbeln. Das erschwert die Dämmarbeiten im Schlafzimmer. Beim Anbringen der Eierkartons zwecks Schallisolation schieße ich mir eine Tackernadel in den Zeigefinger. J. bringt mich ins Krankenhaus.
Sonntag, 6. Februar, 20.15 Uhr. Ich versuche, die grelle, künstliche Beleuchtung des Krankenhausflurs auszublenden, indem ich mir einen Schal vor die Augen binde. J. reißt ihn mir unsanft vom Kopf. Sie scheint dem Experiment gegenüber immer negativer eingestellt. Ich erkläre ihr, dass die Synchronisation ihrer inneren Uhr Zeit brauche. Sie sagt, ich habe ihren Krimiabend ruiniert. Den Hinweis auf die schlafstörende Wirkung von Fernsehkonsum verkneife ich mir.
Montag, 7. Februar, 5.00 Uhr. Mein selbst gebauter Dämmerungswecker (langsames Hochdimmen einer Tageslichtlampe bei gleichzeitig lauter werdendem Vogelgezwitscher vom Band) ist noch nicht ausgereift. Als es schlagartig gleißend hell wird und ein ohrenbetäubender Rohrdommelruf ertönt, schreckt J. aus dem Schlaf und schlägt mit dem Kopf unglücklich gegen die Videokamera, die ich zur Dokumentation unserer Schlafphasen über dem Bett installiert habe. Meine chronobiologisch fundierte Beantwortung der Frage, warum man "an einem scheißnormalen Montag" um fünf Uhr aufstehen solle, quittiert sie mit völliger Fassungslosigkeit.
Montag, 7. Februar, 10.00 Uhr. Wegen des Tackerunfalls kann ich nicht arbeiten. Ich nutze die Zeit, um zu Hause die nächste Stufe des Experiments vorzubereiten.
Montag, 7. Februar, 20.00 Uhr. Alle Uhren im Haus sind um zwölf Stunden vorgestellt, im TV läuft das Morgenmagazin auf Video. Die Forschungsfrage: Wie gut können sich J.s und meine biologische Uhr an eine veränderte "soziale Außenzeit" anpassen?
Montag, 7. Februar, 20.30 Uhr. J. kommt erschöpft von der Arbeit. Trotz des vom Versuchsleiter liebevoll zubereiteten Frühstücks reagiert sie gereizt. Auf dem Höhepunkt unserer Auseinandersetzung klingelt unser Nachbar und möchte wissen, wann ich die Flutlichtlampen im Garten abschalte. Ich kann so nicht experimentieren!
Dienstag, 8. Februar, 3.35 Uhr. Auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass J. mich aus wissenschaftlichen Motiven in ein Hotel geschickt hat, kann ich mich hier doch konzentrierter meinen Studien widmen. Mein Tag-Nacht-Rhythmus ist allerdings nun gestört, ich kann nicht schlafen. Beschließe, die Wirkung von gedämpftem Hotelbarlicht auf den zirkadianen Takt zu ermitteln.
Dienstag, 8. Februar, 7.10 Uhr. Interessante Erkenntnis. Sehr interessant! Schreibe ich morgen auf. In meinem jetzigen chroino-boiologischen Zustand bin ich dafür zu erschö...
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