Direkt zum Inhalt

Teilchenphysik: Schöne neue Teilchenwelt

Bei einem Experiment am Large Hadron Collider gibt es erste Hinweise auf Wechselwirkungen, die nicht zu den bisherigen Modellen passen. Theoretiker rätseln bereits, ob daran bislang unbekannte Teilchen beteiligt sein könnten.
In einer unterirdischen Kaverne am Teilchenlabor CERN befindet sich das LHCb-Experiment, ein etwa 10 Meter hoher und 20 Meter langer Detektorkomplex.

Die Fernsehnachrichten eröffnen normalerweise nicht mit einer Meldung aus der Physik. Der 4. Juli 2012 war eine Ausnahme: Da schaute die ganze Welt nach Genf, wo Physiker des Teilchenbeschleunigers Large Hadron Collider (LHC) gerade das erfolgreiche Ende einer 50 Jahre währenden Suche nach dem so genannten Higgs-Boson verkündet hatten. So lange schon war das Teilchen für Experimentalphysiker das letzte fehlende Puzzleteil im Standardmodell der Teilchenphysik gewesen – der Theorie, die alle subatomaren Bausteine des Alls mitsamt ihren Wechselwirkungen umfasst.

Die Entdeckung wurde triumphal gefeiert. Doch viele Physiker glauben inzwischen, es müsse noch mehr Elementarteilchen geben, als das Standardmodell vorsieht, und sie haben sich auf eine anspruchsvolle Suche nach diesen Sonderlingen begeben. Die großen Experimente ATLAS und CMS, die das Higgs am LHC gefunden haben, werden bei dieser Jagd weiterhin fraglos eine wichtige Rolle spielen. Doch ein kleineres und weniger bekanntes Projekt an einer anderen Stelle des Beschleunigers könnte am Ende die Nase vorn haben: das LHCb.

Dieses Experiment basiert auf einem fundamental anderen Konzept als ATLAS, CMS und viele andere Detektoren. Während letztere darauf ausgelegt sind, neuartige Teilchen direkt zu erzeugen, setzt das LHCb auf so genannte Beauty-Hadronen (das "b" steht für das Kürzel der dabei wichtigen Beauty-Quarks). Mit ihnen lassen sich die Effekte von Teilchen beobachten, die wir nicht direkt herstellen können, die sich aber hinter den Kulissen subtil auf den Ablauf der Reaktionen auswirken. Am LHCb schauen Physiker, was passiert, wenn Beauty-Hadronen am LHC erzeugt werden und kurz darauf in andere Teilchen zerfallen. Beauty-Hadronen sind hervorragende Untersuchungsobjekte, da sie auf zahlreiche verschiedene Arten zerfallen und Theoretiker sehr genaue Vorstellungen davon haben, wie die Reaktionen ablaufen sollten. Jede Abweichung von den Vorhersagen wäre ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich währenddessen irgendwo unbekannte Teilchen eingemischt haben ...

Kennen Sie schon …

Spektrum der Wissenschaft – Vielfältige Quanten

Wir tauchen ein in die Welt der Quanten, die uns noch immer zahlreiche Rätsel aufgibt. Forscher entwickeln ständig neue Modelle und hinterfragen Grundlegendes, wie beispielsweise das Konzept der Zeit. Gleichzeitig macht die Entwicklung neuer Quantencomputer große Fortschritte und könnte unsere Verschlüsselungssysteme bedrohen. Experten arbeiten an neuen Methoden, um unsere Daten zu schützen. Erfahren Sie, wie diese Herausforderungen gemeistert werden und ob Kryptografen den Wettlauf gegen die Zeit gewinnen können.

Spektrum der Wissenschaft – Was die Welt zusammenhält – Die Entschlüsselung der starken Kernkraft

Die starke Kernkraft bindet Protonen und Neutronen aneinander und führt so zu stabilen Atomkernen. Doch wie groß ist die stärkste aller Kräfte wirklich? Nach jahrzehntelangen Bemühungen haben Physiker den Wert nun berechnet und mit Experimenten verifiziert. Außerdem im Heft: Die Dunkle Energie bewirkt, dass sich unser Universum beschleunigt ausdehnt, gilt aber selbst als konstant. Doch es gibt erste Hinweise, dass sie mit der Zeit schwächer wird. In der Medizin haben die ersten Studien zu mRNA-Impfungen gegen Krebs viel versprechende Ergebnisse. Daneben berichten wir über Papageien, die sich weltweit ausbreiten und sich auch in Deutschland entlang des Rheins wohl fühlen. Was ist das Erfolgsrezept der intelligenten Vögel?

Spektrum - Die Woche – Eine Sprache für die Welt

Zur lebendigen Diversität unserer Welt gehört auch die Vielfalt der Sprachen, in denen Menschen kommunizieren. Doch könnte es übergeordnet auch eine Sprache geben, in der wir uns alle verständigen - wie Esperanto?

  • Quellen

Archilli, F. et al.: Flavour-Changing Neutral Currents Making and Breaking the Standard Model. In: Nature 546, S. 221-226, 2017

Ciezarek, G. et al.: A Challenge to Lepton Universality in B-Meson Decays. In: Nature 546, S. 227-233, 2017

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.