Chemische Unterhaltungen: Pop-Art-Labor
Wer denkt bei dem Wort »Blaupause« zuerst an Chemie? Wohl die wenigsten. Dabei ist eine Blaupause nicht nur im übertragenen Sinn ein Vorbild oder ein Modell, sondern ganz konkret das Abbild eines Originals, das als Vorlage für weitere Vervielfältigungen dient.
Bevor der digitale Druck erfunden wurde, erstellte man Abbilder von Gegenständen – etwa von Pflanzenblättern – und Kopien mit Lichtpausverfahren. Letztere beruhen auf photochemischen Prozessen, die beim Durchleuchten einer transparenten Vorlage auf der Kopierschicht des neuen Bildträgers ausgelöst werden. Anschließend erfolgt der Entwicklungsprozess. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Cyanotypie, die auf den englischen Astronomen und Naturwissenschaftler John F. W. Herschel (1792–1871) zurückgeht. Bei dieser Methode trägt man in Wasser gelöstes Ammoniumeisen(III)-oxalat und rotes Blutlaugensalz auf Papier auf und bestrahlt das Ganze anschließend mit UV-Licht. Dadurch färbt sich das Papier blau, weil Oxalat-Ionen zu Kohlenstoffdioxid oxidiert und Eisen(III)- zu Eisen(II)-Ionen reduziert werden. Letztere bilden mit dem roten Blutlaugensalz den Farbstoff Berliner Blau. Legt man vor der UV-Bestrahlung eine Schablone auf, zeichnen sich die abgedeckten Bereiche weiß auf dem blauen Hintergrund ab –fertig ist die Blaupause.
Nach den gleichen Prinzipien funktioniert die Diazotypie. Sie hat die Cyanotypie als das Verfahren der Wahl für technische Zeichnungen in den 1970er Jahren abgelöst. Der Grund dürfte ein praktischer sein, denn anders als bei der Cyanotypie erhält man hier ein Positiv, also ein farbiges Abbild auf neutralem Hintergrund. Der Unterschied zeigt sich schön in den englischen Bezeichnungen der beiden Verfahren: »blueprinting« und »whiteprinting« …
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