Herrenmode: Die 85 Methoden eine Krawatte zu binden
Aus dem Englischen von Thorsten Schmidt. Hoffmann und Campe, Hamburg 2000. 144 Seiten, DM 24,90
Das Binden einer Krawatte besteht aus einer endlichen Folge von elementaren Aktionen: das lange Ende rechts, in der Mitte oder links über den entstehenden Knoten zu schlingen, und zwar entweder innen oder außen. Gewisse Aktionen dürfen nicht unmittelbar aufeinander folgen, weil die Schlinge sich sofort wieder auflösen würde, und zum Schluss ist stets das lange Ende der Krawatte durch eine über die Mitte verlaufende Schlinge zu ziehen. Mehr als neun elementare Aktionen würden den Knoten zu dick machen, und Symmetrie ist eine wünschenswerte Eigenschaft.
Das ist schon die ganze Grundlage der Krawattentheorie. Mit ihr treiben die beiden Physiker Thomas Fink und Yong Mao aus Cambridge klassische Kombinatorik, also eigentlich Mathematik – mit etwas umständlichen Bezeichnungen und überflüssigen Begriffsbildungen, aber für Physiker gar nicht schlecht. Unter den genannten Bedingungen gibt es 85 wesentlich verschiedene Krawattenknoten. Die werden alle einzeln aufgelistet, dazu die herkömmlichen Namen wie Windsor und Four-in-Hand, soweit vorhanden, ein historischer Teil und Farbfotos verschiedener Krawattenknoten, denen man ihre Verschiedenheit nur mit größter Mühe ansieht.
Wem dient das alles? Dem Erkenntnisgewinn natürlich, wie alle Wissenschaft. Nicht dass die Welt nach dieser Erkenntnis geschmachtet hätte; aber eine sauber durchgeführte wissenschaftliche Analyse hat ihren eigenen Reiz. Für die Autoren ist sie überdies ziemlich anwendungsfern: Wann trägt ein Physiker an einer Universität schon eine Krawatte?
Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 2000, Seite 113
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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