Die Entschlüsselung des Riechens
Erst jetzt beginnt man zu erkennen, wie der wichtigste Sinn vieler Säugetiere im einzelnen auf neuronaler Ebene angelegt ist: Nicht weniger als ein Prozent der gesamten Gene ist wahrscheinlich für die Produktion von Rezeptoren reserviert, die Duftstoffe binden.
Gerüche scheinen uns unmittelbarer und tiefer anzusprechen als andere Sinneseindrücke. Dies wollte etwa der französische Schriftsteller Marcel Proust (1871 bis 1922) in seinem epochalen halbautobiographischen Roman "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit” fassen, als er die Schlüsselszene reflektierte, die ihm "die Wahrheit, die ich suche", erschloß: als er "einen Löffel Tee mit dem aufgeweichten kleinen Stück Madeleine darin" – dem Bissen eines muschelförmigen Sandtörtchens – an die Lippen führte und sich urplötzlich Erinnerungen an die Kindheit wieder einstellten. Geschmack und Geruch, fuhr er fort, seien die Sinne, die "allein, zerbrechlicher, aber lebendiger, immateriell und doch haltbar, beständig und treu ... in einem beinahe unwirklich winzigen Tröpfchen das unermeßliche Gebäude der Erinnerung unfehlbar in sich tragen".
Menschen der deodorierten zivilisierten Welt beurteilen Gerüche heute sehr häufig eher emotional. Abgesehen von einer ästhetischen Bewertung – von angenehm bis widerlich – messen sie ihnen oft wenig Bedeutung bei. Für einen Großteil der Säugetiere, von denen viele sehr viel besser riechen können als Primaten, ist der olfaktorische Sinn hingegen in vielen Lebensbereichen der primäre – und der mit Abstand wichtigste in der sozialen Kommunikation: Sie identifizieren oft damit erst Freßbares sicher, verlassen sich darauf beim Erkennen von Feinden und benötigen ihn, um Paarungspartner zu finden. Mit eigenen Duftmarken, Ausscheidungen und Ausdünstungen machen sie auf ihre Präsenz und ihr Befinden aufmerksam. Fast ihr gesamtes Verhalten ist oft vorrangig von Geruchswahrnehmungen und eigenen Geruchssignalen geleitet. Wahrscheinlich sind viele dieser Reaktionen lebenswichtige instinktive Anpassungen.
Jedes Säugetier (auch jeder Mensch), mit Ausnahme eineiiger Zwillinge, hat einen genetisch determinierten Eigengeruch – wie zugleich die Fähigkeit, eine Vielfalt von Gerüchen unterscheiden zu können. Im Falle des Menschen sind es schätzungsweise ...
Menschen der deodorierten zivilisierten Welt beurteilen Gerüche heute sehr häufig eher emotional. Abgesehen von einer ästhetischen Bewertung – von angenehm bis widerlich – messen sie ihnen oft wenig Bedeutung bei. Für einen Großteil der Säugetiere, von denen viele sehr viel besser riechen können als Primaten, ist der olfaktorische Sinn hingegen in vielen Lebensbereichen der primäre – und der mit Abstand wichtigste in der sozialen Kommunikation: Sie identifizieren oft damit erst Freßbares sicher, verlassen sich darauf beim Erkennen von Feinden und benötigen ihn, um Paarungspartner zu finden. Mit eigenen Duftmarken, Ausscheidungen und Ausdünstungen machen sie auf ihre Präsenz und ihr Befinden aufmerksam. Fast ihr gesamtes Verhalten ist oft vorrangig von Geruchswahrnehmungen und eigenen Geruchssignalen geleitet. Wahrscheinlich sind viele dieser Reaktionen lebenswichtige instinktive Anpassungen.
Jedes Säugetier (auch jeder Mensch), mit Ausnahme eineiiger Zwillinge, hat einen genetisch determinierten Eigengeruch – wie zugleich die Fähigkeit, eine Vielfalt von Gerüchen unterscheiden zu können. Im Falle des Menschen sind es schätzungsweise ...
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