Besiedlungsgeschichte: Die ersten Amerikaner
Die Hinweise mehren sich, dass Menschen die Neue Welt früher als bislang gedacht erreichten – und auch auf dem Seeweg dorthin kamen.
Dieser Artikel ist eine aktualisierte Fassung des gleichnamigen Artikels in Spektrum der Wissenschaft, Juni 2012, S. 50.In der drückenden Hitze eines Junitags klettert der Archäologe Michael R. Waters in eine dunkle Grube, wo bereits einige Mitarbeiter des Center for the Study of the First Americans der Texas A&M University in College Station vorsichtig mit ihren Kellen im Boden graben. Einer von ihnen reicht Waters ein Stück Feuerstein. Der Forscher dreht den Fund hin und her und betrachtet ihn mit einer Lupe. Kaum größer als ein Daumennagel, erweist er sich als Bruchstück eines Schneidewerkzeugs. Vor langer Zeit an einem grasbewachsenen Flussufer weggeworfen, ist es nun eines von Tausenden von Artefakten, einer von unzähligen Spielsteinen in dem Puzzle der Besiedlung der Neuen Welt.
Waters, ein hochgewachsener Mann in den frühen Sechzigern, wirkt mit seiner bedächtigen Art nicht gerade wie ein Rebell. Dennoch trägt seine Arbeit dazu bei, das bis Ende der 1990er Jahre gültige Standardmodell zur Besiedlung der Neuen Welt zu Fall zu bringen: dass die ersten Amerikaner asiatische Großwildjäger gewesen seien, die Mammuts und anderen Herdentieren folgend Beringia überquert hatten – eine heute versunkene Landmasse, die Nordasien mit Alaska verband. Vor ungefähr 13 000 Jahren sollen die ersten Menschen amerikanischen Boden betreten haben, um dann durch einen eisfreien Korridor ...
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