Editorial: Die gute Natur?
Wir neigen mitunter zur Verklärung. Angesichts des Leids, das Menschen ihren Mitmenschen antun können, betrachten wir »uns« oft als böse. Dagegen steht die Natur oder das Natürliche für das Gute. Naturheilheilmittel stehen im Ruf, »sanft« zu sein, eben weil sie aus der Natur stammen sollen und nicht aus den Produktionsanlagen der Pharmahersteller. Generell gilt die Natur als friedliche Idylle.
Doch der Eindruck täuscht: Einige der stärksten Gifte stammen von Tieren und Pflanzen, und Schimpansen führen teils richtige Vernichtungsfeldzüge gegeneinander. Überhaupt findet in der Umwelt jederzeit und überall ein Kampf um das Überleben statt. Ich mag die Natur trotzdem, aber wie der Philosoph David Hommen in seinem lesenswerten Essay »Von Natur aus gut?« (S. 20) mahnt: Sie ist kein Maßstab dafür, was wir tun und lassen sollten. Denn Moral funktioniert anders.
An dieser Stelle möchte ich mich Ihnen vorstellen, da ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, hier künftig regelmäßig begrüßen darf. Als ich vor rund 15 Jahren zum Verlag Spektrum der Wissenschaft kam, beschäftigte ich mich vor allem mit Themen aus der Natur: Artenvielfalt, Klimawandel, Verhaltensforschung. Doch die Arbeit hier hat im wahrsten Sinn meinen Horizont erweitert. Ich blicke heute auch gespannt auf neue Erkenntnisse aus der Hirnforschung und lese fasziniert, was Psychologinnen und Psychologen über unser Verhalten herausgefunden haben.
Daher freue ich mich auf meine neue Aufgabe als Chefredakteur von »Gehirn&Geist« und die Arbeit mit dem bewährten Redaktionsteam. Der Charakter Ihres Magazins wird sich nicht verändern: Wir berichten weiterhin fundiert über die Welt im Kopf. Eines meiner Hauptziele wird sein, Ihr Magazin digital präsenter und nutzerfreundlicher zu machen, so dass Sie es bei Bedarf ebenso unterwegs genießen können.
Dazu bald mehr. Ich wünsche meinem Vorgänger Carsten Könneker alles Gute für seine berufliche Zukunft außerhalb unseres Verlags und danke ihm herzlich für 18 Jahre Aufbauarbeit an »Gehirn&Geist«!
Eine spannende Lektüre wünscht Ihr
Daniel Lingenhöhl
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