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Anthrax: Die Milzbrandbedrohung

Vor knapp 40 Jahren starben in einem geheimen sowjetischen ­Militärlabor mehr als 60 Menschen. Neue Erkenntnisse zu der ­Tragödie zeigen, wie tödlich Biowaffen sein können, wie leicht es ist, sie zu entwickeln – und die Kontrolle darüber zu verlieren.
Die Sporen des Milzbrandbakteriums sind kapselförmig. Im Körper werden sie zu langen Stäbchen (hier gezeigt), vermehren sich und scheiden toxische Proteinkomplexe aus.

Am 2. April 1979 entwich aus einem Schornstein auf einem sowjetischen Militärgelände nahe Swerdlowsk ein rätselhaftes Pulver. Im Lauf der darauf folgenden Wochen erkrankten in der nahe gelegenen zentralasiatischen Stadt Swerdlowsk (dem heutigen Jekaterinburg) mindestens 80 Anwohner. Zunächst sah es so aus, als hätten sie sich bloß eine Grippe eingefangen. Nach ein paar Tagen kamen allerdings weitere Symptome hinzu, darunter massive innere Blutungen. Letztlich starben mindestens 68 Menschen, wobei die genaue Zahl bis heute nicht feststeht.

Ein paar Eingeweihte auf der Militärbasis Swerdlowsk-19 wussten sofort, was passiert war. Auf dem Gelände ent­wickelten sowjetische Forscher eine biologische Waffe, die auf einem Stamm des Erregers der Infektionskrankheit Milzbrand basieren sollte. Wegen fehlender Luftfilter war der Stoff am 2. April nach außen gelangt – in unbekannter Menge und einer besonders perfiden Form: Wissenschaftler der geheimen Forschungsbasis hatten ein Substrat, das Sporen des Bakteriums Bacillus anthracis enthielt, so fein zermahlen, dass der Staub problemlos eingeatmet werden und tief in die Lunge eindringen konnte.

Einmal im Körper, keimen die kapselförmigen Sporen und ändern ihre Form. Sie werden zu langen Stäbchen, die sich vermehren und im Blut ausbreiten. Dabei scheiden sie toxische Proteinkomplexe aus, die verschiedene Gewebearten angreifen. Besonders gefährlich sind die Sporen, wenn man sie einatmet: Sofern der Patient nicht sofort ein geeignetes Antibiotikum bekommt, stirbt er binnen Tagen. In Swerdlowsk hielt das sowjetische Militär den Ausbruch jedoch geheim, fatalerweise auch gegenüber den lokalen Behörden. Diese hätten vielleicht einige Leben mehr retten können, wenn sie gewusst hätten, worauf die rätselhaften Symptome der erkrankten Anwohner zurückgingen ...

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  • Quellen

Boddie, C. et al.: Assessing the Bioweapons Threat. In: Science 349, S. 792-793, 2015

Leitenberg, M., Zilinskas, R. A.: The Soviet Biological Weapons Program: A History. Harvard University Press, 2012

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