Metrologie: Das neue Maß der Masse
Als sich Jon Pratt im April 2016 der Sicherheitsschleuse an einem Washingtoner Flughafen näherte, waren seine Nerven aufs Äußerste angespannt. In Pratts Kameratasche befanden sich vier massive Metallzylinder – also genau die Art von Objekt, die garantiert die Aufmerksamkeit der misstrauischen Kontrolleure auf sich ziehen würde. Ein Zylinder aus einer glänzenden Platin-Iridium-Legierung war halb so groß wie eine Dose Tunfisch und mindestens 40 000 Euro wert. Die anderen drei bestanden aus präzise bearbeitetem, nichtrostendem Stahl. Aber nicht das Material stellte das Besondere an den Körpern dar, sondern ihr Gewicht: Jeder der Zylinder wog exakt ein Kilogramm.
Zum Glück hatte der Ingenieur des U.S. National Institute of Standards (NIST), der für Maßeinheiten zuständigen Bundesbehörde der USA, ein Schreiben dabei, das seine Mission erläuterte: Bei den Zylindern handelte es sich um vier offizielle Kilogramm-Prototypen; um Referenzmassen also, auf denen sämtliche Gewichtsmessungen in den USA basieren. Pratt sollte sie einem Kollegen in einer Pariser Vorstadt bringen. Dabei durfte niemand die Zylinder berühren oder sie aus ihren schützenden Behältern entfernen – denn das würde das Gewicht der mit großem Aufwand hergestellten Massen geringfügig verändern.
"Der Sicherheitsbeamte wollte mir schon das Leben schwer machen", erinnert sich Pratt, der die Abteilung für Quantenmessungen des NIST in Gaithersburg im US-Bundesstaat Maryland leitet. "Aber dann las er all die Dokumente – und er fand die Sache einfach nur cool." Nach wenigen Minuten hatte Pratt die Überprüfung hinter sich und konnte an Bord seines Fliegers gehen. ...
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