Erde 3.0: Die "neuen" Ökosysteme
Zählt im Naturschutz letztlich nur unberührte Wildnis? Einzelne Forscher betonen den Wert von sich selbst überlassenen, aber durch Menscheneinfluss veränderten Lebensräumen.
Joe Mascaro kämpft sich durch den Dschungel auf der größten Insel von Hawaii. Ein dichtes Blätterdach verwehrt den Blick in den Himmel. An tropischen Bäumen, Baumfarnen und moosigen Stützwurzeln winden sich Luftwurzeln bis tief hinunter zu den Farnen und Schösslingen am Boden. Die Vegetation wächst üppig, die Luft ist feucht, und es wimmelt von Moskitos. Nur – in diesem scheinbaren Urwald geht es kosmopolitisch zu wie auf dem Londoner Flughafen Heathrow.
Hier wachsen Pflanzen aus aller Welt: indische Mangobäume, Mangifera indica; die Baumart Cecropia obtusifolia aus Mexiko, Mittelamerika und Kolumbien mit riesigen, sternförmigen Blättern, die zu den Maulbeergewächsen gehört; der südostasiatische Rosenapfel Syzygium jambos, ein Myrtengewächs; Erdbeer-Guaven, Psidium cattleianum, mit schmackhaften Früchten aus dem bedrohten brasilianischen Küstenurwald; vereinzelt der so genannte Queensland-Ahorn Flindersia brayleyana aus Australien. Auch gedeiht hier der Lichtnussbaum Aleurites moluccana, vom Menschen so viel verschleppt, dass seine Herkunft nicht völlig klar ist. Das ursprüngliche Hawaii vertritt der Hala oder Schraubenbaum, Pandanus tectorius.
Einheimische Vögel leben in diesem Dschungel keine mehr. Joe Mascaro sieht dagegen viele verwilderte Schweine, die einst polynesische oder andere Siedler mitbrachten. Der Doktorand von der University of Michigan in Milwaukee macht auf den schwarzen, fruchtbaren Boden aufmerksam. Er mag diesen Wald.
Die meisten Ökologen und Umweltschützer würden solch ein Habitat als degradiert einstufen, seine starke Durchsetzung mit Fremdarten betonen und auf die anthropogenen Einflüsse verweisen. So mancher Biologe dürfte es deswegen als minderwertiges Ökosystem bewerten. Denn was bietet es schon, außer ein paar Wildkräutern, überwuchert von aggressiven Eindringlingen, überdies die meisten davon vom Menschen eingeschleppt? Besteht da überhaupt ein großer Unterschied zu einer überwucherten Abfallhalde?
Aber nicht alle Wissenschaftler geben sich so rasch zufrieden. Sie möchten Ökosysteme nicht vorschnell in gut und schlecht einordnen: Ersteres gleichwertig mit ursprünglich, vom Menschen unberührt; alles Übrige für die Natur eher nutzlos. Lieber sprechen sie neutral von neuen Ökosystemen. Damit ist Natur gemeint, die der Mensch zwar stark beeinflusst hat, aber nicht lenkt. Eine bewirtschaftete Baumplantage fällt nicht darunter, eine vor Jahrzehnten verlassene Bepflanzung dagegen schon. Auch ein wilder Wald voller fremdländischer Baumarten zählt dazu, wie der beschriebene Dschungel auf Hawaii, egal, ob Menschen dort jemals Bäume geschlagen oder Brände gelegt haben. Sie müssen das Gebiet nicht einmal betreten haben. Den Anteil von neuen Ökosystemen an der gesamten Landfläche der Welt kennt niemand genau...
Hier wachsen Pflanzen aus aller Welt: indische Mangobäume, Mangifera indica; die Baumart Cecropia obtusifolia aus Mexiko, Mittelamerika und Kolumbien mit riesigen, sternförmigen Blättern, die zu den Maulbeergewächsen gehört; der südostasiatische Rosenapfel Syzygium jambos, ein Myrtengewächs; Erdbeer-Guaven, Psidium cattleianum, mit schmackhaften Früchten aus dem bedrohten brasilianischen Küstenurwald; vereinzelt der so genannte Queensland-Ahorn Flindersia brayleyana aus Australien. Auch gedeiht hier der Lichtnussbaum Aleurites moluccana, vom Menschen so viel verschleppt, dass seine Herkunft nicht völlig klar ist. Das ursprüngliche Hawaii vertritt der Hala oder Schraubenbaum, Pandanus tectorius.
Einheimische Vögel leben in diesem Dschungel keine mehr. Joe Mascaro sieht dagegen viele verwilderte Schweine, die einst polynesische oder andere Siedler mitbrachten. Der Doktorand von der University of Michigan in Milwaukee macht auf den schwarzen, fruchtbaren Boden aufmerksam. Er mag diesen Wald.
Die meisten Ökologen und Umweltschützer würden solch ein Habitat als degradiert einstufen, seine starke Durchsetzung mit Fremdarten betonen und auf die anthropogenen Einflüsse verweisen. So mancher Biologe dürfte es deswegen als minderwertiges Ökosystem bewerten. Denn was bietet es schon, außer ein paar Wildkräutern, überwuchert von aggressiven Eindringlingen, überdies die meisten davon vom Menschen eingeschleppt? Besteht da überhaupt ein großer Unterschied zu einer überwucherten Abfallhalde?
Aber nicht alle Wissenschaftler geben sich so rasch zufrieden. Sie möchten Ökosysteme nicht vorschnell in gut und schlecht einordnen: Ersteres gleichwertig mit ursprünglich, vom Menschen unberührt; alles Übrige für die Natur eher nutzlos. Lieber sprechen sie neutral von neuen Ökosystemen. Damit ist Natur gemeint, die der Mensch zwar stark beeinflusst hat, aber nicht lenkt. Eine bewirtschaftete Baumplantage fällt nicht darunter, eine vor Jahrzehnten verlassene Bepflanzung dagegen schon. Auch ein wilder Wald voller fremdländischer Baumarten zählt dazu, wie der beschriebene Dschungel auf Hawaii, egal, ob Menschen dort jemals Bäume geschlagen oder Brände gelegt haben. Sie müssen das Gebiet nicht einmal betreten haben. Den Anteil von neuen Ökosystemen an der gesamten Landfläche der Welt kennt niemand genau...
Schreiben Sie uns!
1 Beitrag anzeigen