Mathematik: Die seltsamen Zahlen der Teilchenkollisionen
Am Large Hadron Collider in Genf schießen Physiker Protonen auf einen 27 Kilometer langen Rundkurs und lassen sie dann mit fast Lichtgeschwindigkeit aufeinanderprallen. Nur mit großer technischer Raffinesse lassen sich die Elementarteilchenstrahlen so präzise lenken, dass tatsächlich einige Frontaltreffer zu Stande kommen. In merkwürdigem Gegensatz zu dem hohen experimentellen Aufwand steht das primitive Hilfsmittel, mit dem die Wissenschaftler die Trümmer theoretisch beschreiben: Feynman-Diagramme. Eine Kinderzeichnung von einem Zusammenstoß würde auf den ersten Blick nicht wesentlich anders aussehen.
Der amerikanische Physiker Richard Feynman (1918– 1988, Nobelpreis 1965) hatte die Diagramme, die heute seinen Namen tragen, in den 1940er Jahren entworfen. Sie bestehen aus Linien, die sich in einem Punkt treffen, und anderen, die von einem solchen Knoten ausgehen. Eine Linie ist der Weg eines Elementarteilchens in einem Raum-Zeit-Diagramm, ein Knoten kennzeichnet eine Kollision und die von ihm wegführenden Linien den Weg der Kollisionsprodukte. Die fliegen entweder weg oder enden in neuen Knoten, wenn sie zum Beispiel zerfallen oder ein Photon abstrahlen oder aufnehmen. Eine Abfolge von Knoten kann beliebig lang werden – soweit die Fantasie der Physiker reicht.
Dieses Schema ergänzen die Physiker durch Zahlen und andere Größen, die Massen, Impulse und Flugrichtung der beteiligten Teilchen angeben. Dann erstellen sie eine Art Bilanz des gesamten Vorgangs, was diverse Rechenoperationen, darunter auch Integrationen, erfordert. Am Ende steht eine einzige Zahl, die so genannte Feynman-Amplitude. Sie gibt an, wie groß die Chance ist, dass die Teilchenkollision genau so verläuft, wie das Diagramm sie darstellt ...
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