Biblische Archäologie: Die Suche nach Golgota
Eine zentrale Frage der so genannten Biblischen Archäologie lautet: Wo genau liegen die Orte, die im Neuen Testament genannt sind? Häufig beruht ihre Lokalisierung auf Jahrhunderte nach den geschilderten Ereignissen entstandenen Legenden. Eine der wenigen Ausnahmen stellt der Golgota-Fels dar, an dem Jesus laut den biblischen Berichten gekreuzigt wurde. Denn diese Stätte wird schon seit der Antike in der "Grabeskirche" inmitten der Altstadt Jerusalems verortet. Bereits im 4. Jahrhundert ließ der römische Kaiser Konstantin der Große an dieser Stelle ein Gotteshaus errichten. Es wurde jedoch 1009 durch den Fatimiden-Kalifen al-Hakim zerstört; die heute sichtbare Baustruktur geht im Wesentlichen auf die Kreuzfahrer des 12. Jahrhunderts zurück. Das konstantinische Gotteshaus war wesentlich größer und imposanter als der mittelalterliche Bau. Es bestand aus einer fünfschiffigen Basilika, einer Rotunde über dem vermeintlichen Grab Jesu sowie einem Atrium, in dem Golgota, der Ort der Hinrichtung, verortet wurde.
Diese Annahme stützte sich vermutlich auf eine lokale Tradition. Die früheste außerbiblische Erwähnung findet sich schon in den Schriften von Melito, der Mitte des 2. Jahrhunderts Bischof von Sardes war. Auch die Evangelien geben Hinweise auf die Kreuzigungsstätte. Zwar waren ihre Autoren keine Augenzeugen der Ereignisse, denn sie schrieben die Texte zwischen 60 und 110. Im Vergleich zu anderen antiken Texten, die oftmals mit deutlich größerem zeitlichem Abstand verfasst wurden, handelt es sich hierbei jedoch um noch nahezu zeitgenössische Quellen. Die Evangelien verfolgen zweifelsohne auch eine religiöse Agenda. Dennoch lassen sich bei kritischer Lesart – etwa durch Überprüfung der Plausibilität der Aussagen – wichtige Erkenntnisse gewinnen.
Im Zuge der ersten archäologischen Auseinandersetzung mit den biblischen Schriften im 19. Jahrhundert geriet die Lokalisierung Golgotas mit dem Felsen in der Grabeskirche in Zweifel. Inzwischen wird sie aber in der Fachwelt weit gehend akzeptiert, nicht zuletzt dank der Grabungen des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes (DEI) in Jerusalem. ...
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