Ursachenforschung: Die Wirkung des Nichts
Angenommen, Sie gehen in einem Park spazieren. Sie beobachten zufällig, wie ein Junge in den Teich fällt, um den sich die Grünanlage erstreckt. Der Kleine droht zu ertrinken. Sie könnten ihm helfen, doch Sie zögern, schließlich sind Sie selbst kein besonders guter Schwimmer. Im Park ist außer Ihnen niemand zu sehen, und Ihr Handy haben Sie auch daheim liegen gelassen. Angenommen, Sie erstarren nun vor lauter Bedenken in Tatenlosigkeit – und das Kind stirbt! Sind Sie für seinen Tod verantwortlich?
"Ich war zwar dabei", könnten Sie sagen, "aber ich habe ja nichts gemacht! Der Junge ist völlig ohne mein Zutun ins Wasser gefallen. Wäre ich nicht zufällig in diesem Moment vorbeigekommen, wäre er schließlich genauso ertrunken." Ist das ein berechtigter Einwand oder nur Haarspalterei, um sich selbst aus der Affäre zu ziehen?
Eines scheint klar: Wenn wir jemanden für ein Ereignis verantwortlich machen, setzen wir normalerweise voraus, dass er irgendeinen ursächlichen Beitrag zu dessen Zustandekommen geleistet hat. Aber worin könnte der im oben beschriebenen Fall bestehen? Als das Kind in den Teich fiel, haben Sie nichts getan. Es gab also gar keinen Beitrag von Ihrer Seite. Können Sie den Tod des Jungen trotzdem verursacht haben?
Solche Überlegungen mögen ungewohnt sein, doch sie sind keineswegs trivial. Philosophen diskutieren sie unter dem Stichwort der "negativen Kausalität". Dabei geht es um die Frage, inwieweit Unterlassungen als Ursachen von Ereignissen betrachtet werden können. Wenn wir negative Kausalität akzeptieren, also Unterlassungen ähnlich wie Handlungen als Ursachen verstehen, hätte das schwer wiegende Konsequenzen für unsere Auffassung davon, wofür wir moralisch verantwortlich sind ...
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