Virologie: Drehbuch einer Infektion
Erstmals ließ sich das Eindringen von Viren in eine lebende Zelle in Echtzeit filmen. Forscher um Christoph Bräuchle von der Universität München markierten dafür einzelne solche Krankheitserreger mit jeweils nur einem einzigen Molekül eines fluoreszierenden Farbstoffs. Bei dieser minimalen Einfärbung wird die Wechselwirkung zwischen Virus und Zelle nicht beeinflusst. Die Münchener Wissenschaftler konnten das Fluoreszenzsignal des Markermoleküls mittels hoch empfindlicher Einzelmolekülspektroskopie in Echtzeit verfolgen – bei einer Ortsauflösung von etwa vierzig Nanometern (milliardstel Metern) und mit einer zeitlichen Genauigkeit von zehn Millisekunden. So ließen sich die einzelnen Stadien einer Virusinfektion im Detail beobachten: die Bewegung des Virus auf die Zelle zu (1, siehe Bild), die Bindung an einen Rezeptor an der Zelloberfläche (2), der Weg des Virus in die Zelle (3) und sein Eindringen in den Zellkern (4). Die Möglichkeit, Viren beim Infektionsvorgang zuzusehen, eröffnet faszinierende Perspektiven. So könnte sie helfen, das Eindringen von Keimen in die Zelle zu blockieren, oder dazu beitragen, den Einsatz von Viren als Genfähren bei der Gentherapie zu optimieren. (Science, Bd. 294, S. 1929)
Aus: Spektrum der Wissenschaft 2 / 2002, Seite 24
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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