Porträt: Der Alchemist der Seele
Alexander Shulgin war sieben, als er zum ersten Mal mit kuriosen Substanzen experimentierte. Jemand hatte ihm einen Chemiebaukasten geschenkt, darin Schwefelsäure und Natriumbikarbonat. Doch Sascha, wie er gerufen wurde, langweilte sich bald mit dem Kinderspielzeug. So fing er an, beim Krämer und in Garagen verschiedene Pulver zusammenzuklauben und mit diesen zu kochen. Es zischte und stank, Flammen änderten ihre Farbe. Und die Reagenzien verwandelten sich in wunderbare neue Produkte.
Als ich ihn im Frühjahr 2001 besuchte, war Alexander Shulgin 74 Jahre alt. Sein Labor erinnerte ebenfalls an das eines Alchemisten. Es war in einem Wellblechschuppen auf seiner Farm in Kalifornien untergebracht; dass die Winter hier auf den Hügeln über San Francisco eiskalt werden, war ihm gerade recht. "Die Chemikalien halten so länger", erklärte Shulgin, der mit wildem weißem Haar, Bart und Hawaiihemd auftrat wie eine Mischung aus Späthippie, Zauberer und genialem Forscher.
Wenn er fror, zündete er sich in einer Ecke des Schuppens ein Feuer an. Die Flammen warfen dann ihren Schein auf das Durcheinander von Leitungen, Destillationsspiralen und Erlenmeyerkolben, die an rostigen Stangen hingen. Es gab ein paar tausend Glasfläschchen mit Reagenzien darin, Feinwaagen, Vakuumpumpen, Spinnweben und eine Voodoo-Puppe. "Jedes gute Labor sollte eine haben", sagte Shulgin.
Kein heutiger Chemiker brachte in einer so primitiven Umgebung annähernd so viel zu Wege wie er. In 150 Veröffentlichungen, 20 Patenten und drei Büchern hat er seine Synthesen beschrieben. Die bekannteste heißt 3,4-Methylendioxy-N-methylyamphetamin, MDMA oder Ecstasy – die Partydroge einer ganzen Generation ...
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