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Sonnenhymnen: »Du bist ewig, doch Millionen Leben sind in dir«

Auch noch nach über 3000 Jahren ergreifen den Leser Unmittelbarkeit und poetische Kraft der »Sonnenhymnen«, als deren Urheber Echnaton selbst gilt.
»Du bist ewig, doch Millionen Leben sind in dir«

Als der französische Ägyptologe Urbain Bouriant im Jahr 1884 eine Hieroglypheninschrift aus einem Grab in Tell el-Amarna veröffentlichte, versetzte der Text nicht nur seine Fachkollegen in helle Aufregung, sondern auch die breite Öffentlichkeit. Neben der dichterischen Qualität und der für ägyptische Hymnen ungewöhnlich klaren Sprache, die auf komplexe mythologische Bezüge weit gehend verzichtet, war es vor allem die frappierende Nähe zum Psalm 104 des Alten Testaments (siehe S. 58), die für Aufsehen sorgte. Denn der Hymnus, entstanden um 1345 v. Chr. in der Regierungszeit des Echnaton, ist über 1000 Jahre älter als der Bibeltext – obwohl er nach dem Ende der Amarnazeit in Ägypten nicht weitergereicht wurde und in Vergessenheit geriet. Die zahlreichen inhaltlichen und formalen Parallelen zwischen den beiden Texten lassen allerdings kaum Zweifel daran, dass der Psalmist auf älteres, nicht ursprünglich israelitisches Material zurückgegriffen hat. Über die Geschichte dieser Überlieferung wissen wir jedoch nichts.

Die Sonnenhymnen des Echnaton haben sich lediglich in den Felsengräbern von Tell el-Amarna erhalten – und zwar in zwei verschiedenen Versionen: einer längeren sowie einer kürzeren, heute besser bekannt als der Große und der Kleine Sonnenhymnus. Vor allem der Große Sonnenhymnus wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und gehört zu den berühmtesten Texten aus dem alten Ägypten. Nur eine einzige Version hat die Zeiten vollständig überdauert – und zwar im Grab des späteren Königs Eje (Abschrift siehe Bild links). Der Hymnus bedeckt dort nahezu eine gesamte Wand des Eingangskorridors und zieht sich oberhalb einer Darstellung des Grabherrn und seiner Frau hinweg. Bevor Eje um 1323 v. Chr. die Nachfolge Tut­anchamuns antrat, bekleidete er unter Echnaton den Pos­ten eines Truppenobersts und Königssekretärs und stand somit der Armeeverwaltung vor. Im Süden von Achet-Aton ließ er sich als einer der mächtigsten Männer der Stadt eine große Grabstätte anlegen, die jedoch, wie fast alle anderen in Amarna, unvollendet blieb ...

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