MEDIZIN: Ebolas zweiter Angriff
Josephine Karwah trat frisch entlassen aus der Ebolabehandlungsstation in Monrovia, der Hauptstadt Liberias, und streichelte ihren schwangeren Bauch. Nur zwei Wochen zuvor, im August 2014, war sie mit letzter Kraft in das weiße Zelt gehumpelt. Da hatte sie die Station bereits gekannt, denn ihre Mutter war hier gestorben und in einem weißen Leichensack fortgeschafft worden. Auch der Vater war dem Ebolafieber zum Opfer gefallen, ebenso Tante und Onkel. Josephine selbst jedoch lebte. Sie und ihr ungeborenes Kind hatten das Fieber überstanden und gehörten damit zu den 17 000 Überlebenden der Ebolaepidemie, die von 2014 bis 2016 in Westafrika wütete und 11 300 Menschen tötete – rund 40 Prozent der Infizierten. Für Josephine, die wieder in ihr Heimatdorf zurückkehrte, war klar, dass sie ihr Baby "Miracle", Wunder, nennen würde.
Dann begann der Albtraum. Zurück zu Hause, eine Autostunde von Monrovia entfernt, wurde Josephine von den Bildern ihrer toten Familienmitglieder heimgesucht. Pochende Kopfschmerzen unterbrachen ihre nächtlichen Angstträume, und stechende Pein brannte in ihren Hüften und Knien, während sie versuchte, wieder einzuschlafen. Tagsüber half sie ihrer älteren Schwester, Seife zu kochen, um diese auf dem Markt zu verkaufen. Doch es fiel ihr schwer, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, denn ihr rechtes Auge tat weh, und durch das linke erschien die Welt wie hinter Wolken, als würde sie durch ein beschlagenes Brillenglas blicken. Wenn sie in die Geldwechselstube ging, kam sie mit falschen Beträgen wieder heim: Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wie viele liberianische Dollar sie dabeigehabt hatte, als sie das Haus verließ. ...
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