Editorial: Anfänge
Auch wenn es keineswegs so geplant war: Dieses Heft von »Spektrum der Wissenschaft« scheint ein bisschen unter dem Motto »Wie alles anfing« zu stehen. Damit meine ich aber nicht etwa unsere Erstausgabe aus dem Jahr 1978, sondern viel grundlegendere Ereignisse, die wesentlich länger in der Vergangenheit liegen. Am weitesten zurück blickt dabei der Artikel ab S. 58, der die Zustände im Universum unmittelbar nach dem Urknall beleuchtet. Neue Experimente sollen nun die extremen Bedingungen im damaligen »Quark-Gluon-Plasma« in bisher unerreichter Präzision nachbilden.
Um die frühesten Galaxien dreht sich der Beitrag ab S. 66. Bereits die ersten Ergebnisse des James-Webb-Weltraumteleskops sorgten unter Fachleuten für beträchtliche Unruhe, da sie dem allgemein akzeptierten kosmologischen Standardmodell zu widersprechen schienen. Konnten wirklich derart früh in der Entwicklung des Universums schon Sterne und Galaxien entstanden sein? Jetzt gilt es, die Unstimmigkeiten durch vorsichtige Anpassungen des Standardmodells zu bereinigen – oder diese notfalls durch grundsätzlich andere Erklärungen als bisher aus der Welt zu schaffen.
Und schließlich beschreibt unser Titelthema ab S. 12 den Stand des Wissens darüber, wie das Leben auf der Erde entstand. Die Chemikerin Martina Preiner vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg plädiert darin für eine stärkere fächerübergreifende Zusammenarbeit, um dem größten Rätsel der Biologie auf die Spur zu kommen: wie sich in einer unbelebten Umwelt zunächst organische Moleküle und daraus schließlich die ersten Organismen bilden konnten.
Doch auch in die Zukunft blicken wir mit dem Auftakt unserer neuen dreiteiligen Serie zum Thema »Klimaneutrale Industrie« (S. 42). In der vorliegenden Ausgabe geht es neben einem allgemeinen Überblick vor allem um die Stahlherstellung, die weltweit rund sieben Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes verursacht. Durch Direktreduktion des Eisenerzes mit Wasserstoff, der dann mittels erneuerbarer Energien produziert werden soll, ließe sich der wertvolle Werkstoff künftig wesentlich umweltschonender herstellen. Da Hochöfen allerdings über Jahrzehnte im Betrieb sind, ist die Umstellung ein Langzeitprojekt, das jetzt schnell angegangen werden muss.
Daher ist das in gewisser Hinsicht ebenfalls – ein Anfang.
Herzlich, Ihr
Hartwig Hanser
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