Editorial: Deutschland, Dürreland?
Dieses Jahr habe ich schnell aufgegeben. Aufgegeben, den Rhododendron vor dem Vertrocknen zu bewahren, unseren Rasen zu sprengen, die Himbeeren am Leben zu halten – kurzum: dafür zu sorgen, dass unser Garten im gewohnten grünen Zustand bleibt. Hatten wir 2018 noch mit aller Kraft gegen die Trockenphase angewässert und 2019 uns immerhin einige Wochen mit Schlauch und Gießkanne gegen die Dürre gewehrt, haben wir jetzt resigniert. Denn alles spricht dafür, dass mediterran anmutende Sommer wie dieser in Zukunft zur neuen Normalität werden. Da passt man doch lieber die Bepflanzung an den Regenmangel und die Hitze an, anstatt Kubikmeter um Kubikmeter Trinkwasser in den Boden zu versenken und trotzdem zuschauen zu müssen, wie das Grün immer gelber und brauner wird. Unseren Schwertlilien geht es jedenfalls blendend, ebenso der Feige und dem Pfirsichbaum, welche die trockenen und heißen Bedingungen mit Rekordernten quittierten.
Letztlich tröstet das aber nur wenig darüber hinweg, dass sich Mitteleuropa in einer dramatischen Umbruchphase befindet: weg vom Wasserüberflussgebiet hin zum drohenden Wassermangel. Wie Claudia Pahl-Wostl, Professorin für Ressourcenmanagement der Universität Osnabrück, ab S. 46 darlegt, ist Deutschland eines der Länder weltweit, deren Wasservorräte am stärksten abnehmen. Aber sie stellt auch durchdachte Gegenmaßnahmen vor, die einer Eskalation vorbeugen können. Hier ist die Politik gefordert, diese konsequent durchzusetzen – genauso wie jeder einzelne von uns.
Was Menschen zu Stande bringen können, wenn der nötige Wille sie antreibt, zeigen in der Wissenschaft die beiden Voyager-Raumsonden geradezu exemplarisch. Die 1977 gestarteten Missionen sollten ursprünglich nur vier Jahre arbeiten, aber sie erwiesen sich als weit erfolgreicher und dauerhafter als anfangs gehofft und senden heute immer noch Daten aus fernen Regionen außerhalb unseres Sonnensystems. Das Titelthema dieser Ausgabe dokumentiert ab S. 12 die schier unglaubliche Erfolgsgeschichte. Meine Hoffnung: Wenn eine solche technische und logistische Meisterleistung möglich ist, sollten wir doch auch unseren Wasserhaushalt in den Griff bekommen können.
Herzlich Ihr
Hartwig Hanser
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