Editorial: Die »Aliens« kommen!
»'Oumuamua« – der Name weckt Assoziationen. Er klingt nach exotischen Inseln und Reisen in die Ferne. Tatsächlich stammt der Begriff aus dem Hawaiianischen und bedeutet »Späher«. Das spielt auf eine besondere Eigenschaft von 1I/'Oumuamua an, wie der Name des Objekts vollständig lautet. Denn es handelt sich bei ihm um den ersten interstellaren Besucher, den Astronomen in unserem Sonnensystem nachweisen konnten: Robert Weryk von der University of Hawaii gelang 2017 diese Sensation.
Der Gesteinsbrocken war so etwas wie ein Vorbote. Inzwischen kennt die Wissenschaft noch einen zweiten Reisenden zwischen den Sonnensystemen: Der Amateurastronom Gennadi Borissow entdeckte 2019 den nach ihm benannten Körper 2I/Borissow. Dieser unterscheidet sich in seinem Wesen und Äußeren deutlich von 'Oumuamua, dessen Form manche Forscher zu den wildesten Spekulationen inspirierte – bis hin zu außerirdischen Raumschiffen.
Amaya Moro-Martín und David Jewitt schreiben in unserer Titelgeschichte (ab S. 12) zu den »Besuchern von den Sternen« ganz sachlich, aber trotzdem fesselnd über diese Körper. In meinen Augen handelt es sich dabei sogar um eine der spektakulärsten und interessantesten Entdeckungen, die Astronomen in unserem Sonnensystem in letzter Zeit gelangen – und das in einem an begeisternden neuen Erkenntnissen nicht gerade armen Feld der Forschung.
Mittlerweile haben beide Objekte unser Sonnensystem wieder verlassen. Der Fall Gennadi Borissow zeigt, dass Hobbybeobachter wichtige Entdeckungen machen können: Er spürte »seinen« Fund mit einem selbst gebauten Teleskop auf. Vielleicht gelingt etwas Ähnliches ja schon bald einem anderen aus der großen Gemeinschaft begeisterter Amateurastronomen.
Wie stark persönliche Interessen die Wissenschaft revolutionieren könnten, zeigt auch unser Artikel »Wipfel als Windfabrik« (S. 44) über Wälder, die Winde erzeugen, welche wiederum Regenwolken über ganze Kontinente hinwegtreiben und andernorts für dringend benötigte Niederschläge sorgen. Auf die Idee zu dieser These kam die russische Wissenschaftlerin Anastassia Makarieva während ihrer ausgedehnten Zelturlaube inmitten der Taiga. Wenn sie Recht hat mit ihrer Annahme, gibt es einen weiteren Grund, warum wir aufhören sollten, die großen Urwälder der Erde abzuholzen. Die Folgen für viele landwirtschaftliche »Brotkörbe « der Erde könnten sonst katastrophal sein.
Nachdenklich grüßt
Daniel Lingenhöhl
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