Editorial: Ein Plädoyer für Bildung
Liebe Leserin, lieber Leser,
dieses Editorial steht unter dem Eindruck des leider immer noch andauernden Kriegs gegen die Ukraine und der Eskalation der Gewalt im Nahen Osten. Die weltpolitische Lage ist besorgniserregend: Gewalt macht sich unverhohlen breit, Konflikte werden offen und militärisch ausgetragen. Politik war nie ein großes Thema in SuW, aber im Grunde können wir uns dem nicht entziehen, weil wir alle auf diesem Planeten leben, und Politik die Rahmenbedingungen vorgibt.
Mit Sorge beobachte ich, dass radikale Kräfte nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa und noch in vielen weiteren Ländern unserer Erde auf dem Vormarsch sind. Sie versprechen einfache Antworten auf komplexe Fragen, die zum Beispiel den Klimawandel, die Energiekrise oder die Immigration betreffen. Ich möchte das mit den Naturwissenschaften vergleichen. Auch bei ihr stellen sich schwierige Fragen, doch die Erfahrung zeigt, dass sie nicht einfach zu beantworten sind.
In der Forschung können wir der Natur nur ein Geheimnis entlocken, wenn wir einen langen Atem haben und einen kühlen Kopf bewahren. Vor allem müssen wir im Team arbeiten und international kooperieren. In der Wissenschaft gelingt es uns recht gut, dabei anderen ohne Vorurteile oder Ressentiments zu begegnen. Warum scheitern wir im politischen Alltag?
Offenbar fällt es einigen schwer, das Anderssein oder schlicht Grenzen zu tolerieren. Und natürlich gibt es Interessen: alte Rechnungen zu begleichen, Neuland und Ressourcen zu erschließen, die eigene Ideologie zu verbreiten oder das Fremde zurückzudrängen.
Es trifft mich sehr, dass wir selbst im Jahr 2023 in alte Muster verfallen und es immer noch nicht geschafft haben, Auseinandersetzungen friedlich auszutragen. Wieder erlauben wir radikalen Machthabern, unsere Welt näher an den Abgrund zu führen. Ich würde mir da mehr Widerspruch wünschen, mehr Zusammenhalt, eine Stimme, die sagt: »Nein, so machen wir nicht weiter!« Lässt sich das Erfolgsmodell der internationalisierten Wissenschaft nicht auf den Rest der Welt übertragen? Ein Schlüssel zur Bewältigung der globalen Krisen scheint mir Bildung zu sein, denn Wissen fördert Verständnis, Toleranz, Mitgefühl und Integration. Leider ist Bildung nach wie vor kein selbstverständliches Gut. Selbst hierzulande tun wir uns schwer, sie angemessen zu vermitteln. Da sollten wir 2024 ansetzen.
Im Namen der Redaktion wünsche ich Ihnen schöne Feiertage und für das neue Jahr Momente der Zuversicht und Heiterkeit.
Husch ins Heft! Ihr Andreas Müller
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