Editorial: Forschung, die hoffen lässt
Zu den Dingen, von denen ich hoffe, dass sie mir im Alter erspart bleiben, gehört mit Sicherheit die Demenz. Zu vergessen, wer ich bin, woher ich komme und wie ich meinen Alltag meistere, gehört zu den schlimmsten Vorstellungen des Alterns. Natürlich halte ich mich geistig rege, beschäftige mein Gehirn, pflege Kontakte und ernähre mich möglichst gesund und ausgewogen. Doch es gibt bislang weder wirksame Medikamente gegen den geistigen Verfall noch kennt man seine genauen biologischen Ursachen.
Bei der Alzheimerdemenz rückt nun verstärkt unser Immunsystem in den Fokus der Wissenschaft, wie das Titelthema dieses Hefts ab S. 12 beschreibt. Mikroglia genannte Immunzellen schützen die Neurone anfangs vor den verhängnisvollen Plaques, indem sie Amyloid abbauen helfen. Im weiteren Krankheitsverlauf aber wechseln die Zellen die Seiten – und lösen Entzündungen aus, die den Zelltod beschleunigen. Die Immunabwehr verschärft dann also die Krankheit. Ob und wie neue Therapien hier ansetzen können, muss sich erst zeigen.
An anderer Stelle macht die Erforschung der Demenz ebenfalls Fortschritte, wie Daniela Kaufer und Alon Friedman im zweiten Teil unseres Titelthemas schreiben (S. 20). Sie studieren die Blut-Hirn-Schranke, die schädigende Einflüsse von den sensiblen Neuronen fernhalten soll. Im Alter wird sie jedoch durchlässiger, was unerwünschte Stoffe ins Gehirn eindringen lässt. Auch das kann zu Demenz führen.
Immerhin gelang es in Experimenten an Mäusen bereits, den geistigen Abbau zu bremsen. Bis zu einer wirksamen Hilfe für uns Menschen ist der Weg allerdings noch weit. Doch es besteht Hoffnung, dass es in den nächsten Jahren Medikamente gegen Demenz gibt.
Bis dahin sollten wir gut mit unserem Gehirn umgehen: Nicht zu viel Stress und geistige Anregung können dazu einen Beitrag leisten. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine spannende Lektüre in ruhiger Umgebung.
Ihr
Daniel Lingenhöhl
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