Editorial: Halbzeit!
Eigentlich müsste es demnächst richtig losgehen: Die Hälfte des GuG-Teams hat den 40. Geburtstag hinter sich und befindet sich rein rechnerisch an der Schwelle zur Midlife-Crisis oder schon mittendrin. Auf spektakuläre neue Lebensentwürfe warten wir bislang allerdings vergebens. Der eine Kollege hat ein Buch geschrieben, der andere wandert demnächst ein paar Wochen mit dem Rucksack durch Neuseeland – keine Spur von Sportwagen, Scheidungsanwalt oder einer eigenen Strandbar auf den Malediven.
Also alles Quatsch, das Gerede von der Midlife-Crisis? Jein! Unsere Autorin Hanna Drimalla, 27 Jahre jung, konnte sich dem Thema gänzlich unbelastet widmen. Sieben Mythen rund um die Lebensmitte nimmt die Psychologin ab S. 38 aufs Korn, zum Beispiel die verbreitete Annahme, dass Eheleute in der Mittlebenskrise gerne mal den Partner wechseln.
Das stimmt zwar durchaus, hat aber unter anderem mit der Halbwertszeit einer Ehe zu tun: Das größte Scheidungsrisiko besteht nach sechs bis sieben Ehejahren, danach nimmt es kontinuierlich ab. Wer folglich schon lange verheiratet ist, hat bessere Chancen auf krisenfeste Zweisamkeit. Wie man der Liebe zu dauerhaftem Glück verhelfen kann, beschreiben zwei Glücksforscherinnen ab S. 24: Abwechslung hineinbringen steht ganz oben auf der Liste ihrer Beziehungstipps.
Das Leben noch einmal umzukrempeln, ist an sich weder gut noch schlecht. "Love it, change it or leave it" lautet ein viel strapazierter Therapeutenspruch: Wenn man mit seiner Situation nicht zufrieden ist, sollte man sie verändern oder ihr zu entkommen versuchen. Dahinter steckt aber oft der Wunsch des Therapeuten, der Patient möge endlich aufhören zu jammern. Der Rat selbst greift zu kurz: Manchmal lohnt es sich auch, durchzuhalten.
Die große Kunst ist wohl eher zu wissen, wofür genau sich die Mühe lohnt und wofür nicht. Wie die Psychologin Stefanie Brassen im Interview ab S. 44 sagt: Glücklich seien jene, die im Lauf des Lebens gelernt haben, nicht jeder verpassten Chance nachzutrauern. Verschieben wir die Midlife-Crisis also einfach auf später – dann sind wir vielleicht weise genug, sie mit einem Lächeln vorüberziehen zu lassen.
Ein krisenfreies Jahresende wünscht Ihre
Christiane Gelitz
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